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„Sensationell – einfach sensationell!“

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Denise Linke spielte auf angestammter Mittelblock-Position eine hervorragende Partie.
Denise Linke spielte auf angestammter Mittelblock-Position eine hervorragende Partie. © Lutz Ritter

NIENBURG - von Lutz Ritter. „Ich muss mich korrigieren: Nicht die individuelle Stärke des Gegners; es ist das Publikum und wir selbst - das macht den Unterschied zu den Top-Teams der Liga aus!“, strahlte Thomas Plathner bis über beide Ohren.

NIENBURG - von Lutz Ritter. „Ich muss mich korrigieren: Nicht die individuelle Stärke des Gegners; es ist das Publikum und wir selbst - das macht den Unterschied zu den Top-Teams der Liga aus!“, strahlte Thomas Plathner bis über beide Ohren. Ein Sinneswandel, der seinen Ursprung im berauschenden Auftritt der 1. Damenmannschaft des VC Nienburg fand und den sich der Coach des Drittligisten nur allzu gerne eingestand. Mit 3:1 (25:18, 22:25, 25:19, 25:23) besiegte der Liga-Neuling die als Spitzenreiter in die Kreisstadt gereiste SG Sportfreunde 69 Marmagen-Nettersheim und fügte dem Aufstiegsaspiranten dessen zweite Niederlage zu; erstmals überhaupt blieben die Gäste in dieser Saison dabei ohne Punktgewinn. „Die Mädels sind locker und ohne allzu große Erwartungen in die Partie gestartet“, erklärte Co-Trainer Torben Keßler den beherzten Auftakt seiner Damen-Riege. Diese erspielte sich einen frühzeitigen vier Punkte Vorsprung (6:2) und machte den „besten Fans der Liga“ schnell deutlich, dass es auch gegen den Ligaprimus um weit mehr als Schadensbegrenzung gehen würde.

Es bedurfte nur weniger Ballwechsel, bis die Marschroute beider

Nach dem erfolgreich verwandelten Matchball gab es für Nienburgs Damen kein Halten mehr.
Nach dem erfolgreich verwandelten Matchball gab es für Nienburgs Damen kein Halten mehr. © Lutz Ritter

Teams in etwa so löchrig wie das grobmaschige, 2,24 Meter hohe Netz zu durchschauen war. Ob außen, diagonal oder im ersten Tempo: Angriff war Trumpf und trieb den Block beider Mannschaften zu beeindruckenden Leistungen. Insbesondere die taktische Variante, Viola Dreppenstedt in die Startformation zu beordern, festigte die VC-Abwehr und erwies sich als durchschlagende Maßnahme. An der Seite einer überragenden Denise Linke bestätigten Nienburgs Damen ihre Frontrunner-Qualitäten und stellten selbst die bundesliga-erfahrene Ruth Flemig vor scheinbar unüberwindbare Probleme. „Ich habe mich einfach wohl gefühlt und es lief von Beginn an rund“, erklärte Linke, die für Nacera Belala (Erkältung) erneut im Mittelblock zum Einsatz kam. Ohne erkennbare Nachlässigkeiten bauten die Gastgeberinnen ihren Vorsprung bis auf sieben Zähler aus und gingen, symptomatisch für Verlauf des ersten Abschnitts, dank eines erfolgreichen Blocks mit 1:0-Sätzen in Führung. Doch vermochte dieser Teilerfolg einer an sich erfahrenen Nienburger Mannschaft nicht die erhoffte Sicherheit zu verleihen, um auch im zweiten Abschnitt das Heft in die Hand zu nehmen. Individuelle Fehler, zu hohes Risiko beim Aufschlag und darüber hinaus der Schachzug von Gästetrainer Tobias Berthold, seine Außenangreiferinnen verstärkt ins Feldinnere zu ziehen, verschafften der SG einen von nun an spürbaren Vorteil. Auf fünf Punkte waren die Sportfreunde schon davon geeilt, ehe Nienburgs Abwehr Stabilität und Cleverness aus Satz eins zurück gewann und bis auf einen Zähler (18:19) aufschloss. Weniger der Gäste-Überlegenheit als vielmehr überhasteten Aktionen des VC-Angriffs sollte es letztlich geschuldet sein, dass der Satzausgleich (22:25) dennoch nicht zu vermeiden war. Ein in Folge ausgeglichener dritter Durchgang verschaffte zunächst keinem Team nennenswerte Vorteile und gestaltete sich bis zum 11:11 als offener Schlagabtausch. „In dieser Phase ist die Leistung und Erfahrung von Iri (Irina Gerlinger, die Redaktion) gar nicht hoch genug zu bewerten“, analysierte Keßler die Leistung von Nienburgs Zuspielerin. Und tatsächlich: Gleichermaßen wie sich Nienburgs Annahme durch risikoreiche Sprungaufgaben der 69iger vor immer größere Probleme gestellt sah, verstand es die 1,66 Meter „kleine VC-Stellerin“ selbst schwierigste Bälle passgenau in den Sprung ihrer Mitspielerinnen zu zaubern. Diese bedankten sich umgehend und sicherten nun nahezu formvollendet aufspielenden Nienburgerinnen die erneute Satzführung. Ein Vorsprung, der kein weiteres Mal aus der Hand gegeben wurde und einer im letzten Abschnitt vielleicht zu waghalsig aufspielenden SG Marmagen den - stets möglichen - Punktgewinn kostete. Dank einer geschlossenen Teamleistung hatten die VCerinnen zumeist eine Antwort parat: Schlaggewaltigen Aktionen konterte der Gastgeber mit Raffinesse und Geschick; konnte der erste Angriff vereitelt werden, leistete man sich in der zweiten oder dritten Welle kaum eine Schwäche. Bezeichnend und allein das Eintrittsgeld wert der zweite und abschließende Matchball des aufstrebenden Liga-Neulings. Dutzendfach überquerte das Leder die Netzkante und hatte dabei alles, was den Volleyballsport auszeichnet: Aufsteiger, Schmetterball und Lob standen Block, Feldabwehr und Hechtbagger gegenüber. Am Ende war es Julia Schell, die dem „wahnsinnigen Treiben“ ein Ende setzte, zu Boden sackte und von entfesselt auf sie zulaufenden Mitspielerinnen buchstäblich begraben wurde. „Sensationell – einfach nur sensationell!“, kommentierte Plathner erschöpft aber glücklich den Verlauf der Partie und traf mit diesen knappen Worten den Nerv der über 200 zahlenden Zuschauer.

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