Mittlerweile kristallisiert sich immer mehr heraus, was Box-Legende Graciano „Rocky“ Rocchigiani vor seinem tödlichen Unfall auf der Schnellstraße SS 121 bei Belpasso machte: Offenbar betrank er sich in der Tankstellen-Bar „Pappalardo“, die ein paar hundert Meter vom Unfallort entfernt ist. Die Bild-Zeitung berichtet: „Aus dem Umfeld des Boxers heißt es, er hätte einen Streit mit seiner Lebensgefährtin gehabt, bevor er losstapfte in die Nacht.“
Corallo Emanuele (28) sah „Rocky“ noch am Montagabend in der Bar. Wie er berichtet, habe die Box-Legende auf einem Plastikstuhl am Eingang gesessen. Rocky soll Bier getrunken haben, als er seine Benzinrechnung bezahlte. „Er war ziemlich stark angetrunken“, sagt Emanuele der Bild. Anschließend lief er wohl orientierungslos auf die Schnellstraße, wo er von einem Smart erfasst und getötet wurde.
Offenbar ist „Rocky“ bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen. Die örtliche Polizei schließt gegenüber der Boulevardzeitung einen Selbstmord aus. Ein Sprecher sagt: „Wir glauben, dass Rocchigiani sehr betrunken war und nicht mehr genau wusste, wo er langlief.“
Die Bild hat auch mit Nunzio Rapisarda (40) gesprochen, dem Friedhofsleiter der Leichenhalle, wo Rockys Leiche nach dem Unfall hingebracht wurde. Am Mittwochmorgen sei eine etwa 60-jährige Frau mit einer „Rocky“-Autogrammkarte zu ihm gekommen. Sie behauptete, dass sie die Box-Legende an der Tankstellen-Bar „Pappalardo“ kennengelernt habe. Beide hätten sich gut verstanden. Dann habe er sich unvermittelt verabschiedet, so die Erzählung der Frau. Nunzio Rapisarda gibt wieder, was sie ihm erzählte: „Dann auf einmal tätschelte er ihre Wange, stand unvermittelt auf, ließ seine Tasche liegen und verließ die Tankstelle in Richtung Straße, marschierte einfach los. Kurz darauf, ein paar hundert Meter weiter, kam es zu dem tödlichen Unfall.“
Die Frau, mit der „Rocky“ sich vor dem tödlichen Unfall unterhielt sei sehr traurig gewesen, berichtet der Friedhofsleiter. Sie habe ihn gebeten, die Autogrammkarte zu Rocchigianis Sarg zu legen.
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Graciano Rocchigiani ist am Montagabend bei einem Autounfall in Italien gestorben. Das bestätigte die mit dem Vorgang befasste Polizei Brandenburg. Auch die italienische Polizei gab mittlerweile genauere Informationen zu dem tragischen Vorfall bekannt. Rocchigiani sei am Montagabend in dem Ort Belpasso bei Catania auf Sizilien zu Fuß auf einer Schnellstraße unterwegs gewesen und von einem Auto erfasst worden, sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur.
Die Bild berichtete auch, „Rocky“ sei „am Rand der vierspurigen Schnellstraße unterwegs gewesen“, „um 23.30 Uhr von einem Smart erfasst worden“. Das Fahrzeug sei laut Polizeibericht von einem 29-Jährigen gesteuert, beim Aufprall die Windschutzscheibe durchschlagen worden.
Das Boulevardblatt merkt an, dass es an der Straße keinen Gehweg gebe, die Fahrbahnen „in hohe und enge Leitplanken gehüllt“ seien. Warum Graciano Rocchigiani ausgerechnet zu Fuß auf einer Schnellstraße unterwegs war , war bislang ein Rätsel. Die Berichte, wonach er sich vor dem Unglück an einer Tankstelle aufgehalten habe, erklären wohl den Alkoholkonsum. Die Bild berichtet: „Die Beamten gehen davon aus, dass ‚Rocky‘ betrunken war und nicht mehr wusste, wo er hin lief.“
Graciano Rocchigiani hatte in Italien sein Familienglück gefunden. Der ehemalige Box-Weltmeister war seit fünf Jahren mit der Sizilianerin Santina M. zusammen, berichtet die Bild. Die Tochter eines Kaffee-Fabrik-Besitzers war 2013 auf Geschäftsreise im hessischen Hanau - dort lernte Rocchigiani sie kennen und lieben. „Er war so stolz, als er dann nach Sizilien gegangen ist. Er war richtig glücklich, wenn er dort war. Endlich hatte er eine anständige Frau gefunden“, zitiert die Bild „Rockys“ Mutter Renate.
2015 bringt die junge Liebe Nachwuchs hervor, Sohn Antonio wird geboren. Nur ein Jahr später folgt Töchterchen Sophia. Sein neues Glück hielt Rocchigiani aus der Öffentlichkeit fern. Nach dem tödlichen Unfall müssen die die Kleinkinder nun ohne ihren leiblichen Vater aufwachsen.
Der Fahrer, der den ehemaligen deutschen Boxweltmeister Graciano Rocchigiani in Italien mit seinem Auto erfasst hat, war nicht betrunken. „Bei dem Fahrer war alles ordnungsgemäß“, hieß es nach dpa-Informationen aus Kreisen der Polizei. Der 29-Jährige aus Catania sei weder alkoholisiert gewesen noch habe er unter dem Einfluss von Drogen gestanden. Er habe nicht gegen Verkehrsregeln verstoßen.
Rocchigiani sei am Montagabend im Dunklen zu Fuß an einer mehrspurigen Staatsstraße zwischen Belpasso und Catania unterwegs gewesen und habe diese überqueren wollen, heiß es bei der Polizei. Ermittelt werden müsse, ob der 54-Jährige unter Alkoholeinfluss gestanden habe. Augenzeugen hätten dies berichtet, die ihn vor dem Unfall gesehen haben, so die Polizei.
Bevor die Leiche des Ex-Boxers nach Deutschland gebracht werden könnte, müssten noch die Ergebnisse der Obduktion abgewartet werden.
Die Leiche von Graciano Rocchigiani bleibt nach Informationen der Bild zunächst in Italien. Seine Tochter Janine ist laut dem Bericht noch am Dienstag nach Sizilien geflogen, um ihren Vater nach Berlin zu überführen.
Doch die Staatsanwaltschaft hat die Leiche noch nicht freigegeben. Der Grund dafür laut Bild: Erst müssen die Ergebnisse der Obduktion abgewartet werden. Dadurch kann auch geklärt werden, ob - wie es Augenzeugen berichteten - „Rocky“ während des Unfalls unter Alkoholeinfluss stand.
Nach Informationen der Bild überbrachte die Berliner Polizei seiner Tochter sowie seinen Eltern die Todesnachricht. Seine Mutter sagte der BZ: „Ja, es stimmt leider. Mein Sohn ist auf Sizilien von einem Auto überfahren worden.“ Sie bestätigte: „Wir haben es heute Vormittag von der Polizei erfahren. Wir wissen nicht genau, was passiert ist.“
Ihr Sohn habe mit seiner Lebensgefährtin sowie zwei kleinen Kindern in Italien gelebt: „Er war so glücklich dort unten. (...) Wir selbst konnten nicht mehr dorthin reisen. Ich habe eine neue Hüfte, kann nicht mehr so lange sitzen im Flieger. Und meinem Mann geht es nicht sehr gut.“ Äußerst tragisch für die Eltern, ihren Sohn nicht noch einmal gesehen zu haben.
Sie legen sich fest: „Graciano wird hier in Berlin beerdigt, das ist seine Heimat, hier soll er in Frieden ruhen.“ „Rockys“ Tochter Janine holt die Leiche ihres Vaters laut Bild in die Hauptstadt. Zuvor hatte die Bild bereits von Rocchigianis italienischer Freundin berichtet: „Der kantige, oft rau wirkende Ex-Boxer war glücklich und pendelte regelmäßig zwischen Berlin und Italien, meist mit dem Auto.“ Zudem schrieb das Boulevardblatt: „Die Italienerin kommt aus wohlhabendem Haus, ihr Vater ist Kaffee-Fabrikant.“
"Man glaubt es nicht, mir ist ganz schaurig", sagte Ex-Weltmeister Henry Maske im ARD-Magazin „Brisant“. Zweimal hatte er sich im Ring mit Rocchigiani duelliert, "es waren harte Kämpfe, aber mit ihnen ist der gegenseitige Respekt gewachsen." Mit tränenerstickter Stimme fügte er an: "Deshalb ist es umso erschütternder und bewegender, dass er so gehen muss."
Rocchigianis Box-Intimfeind Dariusz Michalczewski sagte der Bild: „Ich kann es nicht glauben! Er war immer der harte Hund - und dann so etwas! (...) Oh, mein Gott - ich bin so traurig.“ Der ehemalige Boxer Axel Schulz sagte Focus Online: „Ein toller Typ. Und das Schlimme ist, dass er gerade auf dem Weg der Besserung war, er war wirklich dabei, sein Leben endlich in den Griff zu kriegen.“
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) zeigte sich betroffen vom Unfalltod des Boxers Graciano Rocchigiani. Die Hauptstadt trauere um einen „Boxer mit großem Herz“. „'Rocky', wie er von aller Welt genannt wurde, war nicht nur nach Max Schmeling und Eckhard Dagge der erst dritte deutsche Weltmeister im Profiboxsport. Er war auch eine Urberliner Type, der Schnauze mit Herz verband“, teilte Müller mit: „Unsere Gedanken sind bei seiner Familie.“
Boxprofi Manuel Charr hat sich bei focus.de zum Tod von Craciano Rocchigiani geäußert: „Mit großem Bedauern habe ich heute zur Kenntnis genommen, dass Graciano Rocchigiani bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist. Ich bin zutiefst erschüttert. Wie allseits bekannt wurde, hatte ich erst kürzlich einen kleinen Streit mit ihm. Trotzdem waren wir immer Freunde. Zu leicht lässt man sich zu Streitigkeiten hinreißen. Aufgrund seines unerwarteten Todes kommt es nun nicht mehr zu einer versöhnlichen Aussprache. Das wäre unser nächstes Ziel gewesen.“
Und weiter: „Rocky war während meiner bisherigen Boxkarriere ein Teil von mir und wir hatten damals gegen Taras Bidenko gemeinsam ein großes Ziel erreicht. Dafür bin ich ihm noch heute dankbar. Mit Rocky ist ein großer Boxer und eine Boxlegende von uns gegangen. Ich wünsche den Angehörigen und seinen Freunden viel Kraft, diesen Verlust zu ertragen. Möge Rocky in Frieden ruhen. Es bleibt die Erinnerung.“
Am Dienstagmorgen soll Graciano Rocchigiani in Italien als Fußgänger unterwegs gewesen sein. Offenbar wurde er von einem Auto tot gefahren. Der TV-Sender Sport1 stoppte als Reaktion auf den Tod die für diesen Dienstag geplante Folge der Web-Casting-Show. „The Next Rocky“ soll Nachwuchstalente entdecken, fördern und bei ihrem Weg in den Ring begleiten. Auf Nachfrage des Branchenportals Meedia.de teilte der Sender mit: „Die heutige Folge der Webserie zu unserer Box-Castingshow 'Sport1: The Next Rocky' wurde ausgeplant. Wie wir mit dem Format weiter verfahren, steht derzeit noch nicht fest.“
Seit dem 18. September lief das Casting-Format zunächst mit bislang vier Folgen auf der Sport1-Webplattform sowie bei YouTube, für Dienstag stand die fünfte Folge an. Gegen Jahresende sollte das Format auch im Fernsehen ausgestrahlt werden.
Sport1-Chefredakteur Dirc Seemann teilte mit: „Wir haben mit großer Bestürzung vom Tod von Graciano Rocchigiani erfahren, der viel zu früh von uns gegangen ist. Graciano war seit Anfang 2018 als meinungsstarker Experte bei unseren Boxübertragungen im Einsatz. Unser ganzes Mitgefühl gilt in dieser schweren Zeit seiner Familie und seinen Freunden.“
Box-Promoter Kalle Sauerland (41) zeigte sich gegenüber der Bild geschockt. „Ich bin sprachlos", sagt Sauerland jr. als er vom Tod Graciano Rocchigianis erfuhr: „Er war unser erster Weltmeister. Ich bin quasi mit ihm groß geworden. Er war ein wilder Kerl mit einem ganz großen Herzen.“
Kalle Sauerlands Vater Wilfried Sauerland (78) hatte mit „Rocky“ die größten Erfolge gefeiert. Er sagte: „Es tut mir so leid, dass er so jung sterben musste. Eine Tragik.“ Graciano Rocchigiani war der jüngere Bruder von Ralf „Ralle“ Rocchigiani, der seinerseits von 1995 bis 1997 Boxweltmeister im Cruisergewicht (WBO) war.
Seinen letzten Kampf verlor Graciano Rocchigiani am 10. Mai 2003 gegen Thomas Ulrich. In den letzten Jahren war er auch als Box-Trainer tätig.
Am 11. März 1988 gewann Graciano Rocchigiani - der Sohn eines italienischen Eisenbiegers und einer Berlinerin - den IBF-Weltmeistertitel im Supermittelgewicht. Nach nur drei Titelverteidigungen legte er den Weltmeister-Titel schon wieder nieder, um wieder im Halbschwergewicht - seiner eigentlichen Gewichtsklasse - zu boxen. 1998 gewann er im Halbschwergewicht den Titel der WBC. Insgesamt bestritt Rocchigiani 48 Profi-Kämpfe und siegte 41-mal. 19-mal gewann er durch K.o.
Legendär waren 1995 seine schon angesprochenen WM-Kämpfe gegen Maske. Es war die große Zeit des deutschen Boxsports. "Es geht um den Kampf Ost gegen West", sagt Rocchigiani vor dem ersten Kampf gegen Maske, "der Wessi haut dem Ossi auf die Schnauze, der Ossi haut dem Wessi auf die Schnauze." Im ersten Kampf unterlag „Wessi“ Rocchigiani dem „Ossi“ umstritten nach Punkten. Für viele Boxfans wurde „Rocky“ in diesem Kampf um den WM-Titel betrogen. Im Rückkampf gegen Maske unterlag er aber eindeutig. Trotzdem war es ein großes TV-Event: 17,6 Millionen Fernsehzuschauer schalteten bei RTL ein.
Kontrovers war auch Rocchigianis WM-Kampf am 10. August 1996 gegen Michalczewski. Auch hier sahen etliche Boxfans „Rocky“ betrogen. Den Rückkampf im April 2000 verlor Graciano Rocchigiani spektakulär. Über die verlorenen ersten Kämpfe gegen Maske und Michalczewski sagte „Rocky“ rückblickend: "Wenn die mir alle Titel gegeben hätten, die ich eigentlich verdient hatte, wäre ich einer der besten Boxer der Welt."
Rocchigiani war aber auch deshalb regelmäßig in den Medien, weil er ein Leben in Saus und Braus führte. Der Sohn eines sardischen Eisenbiegers erlernte im Westteil Berlins das Boxen, wurde zweimal Weltmeister, scheffelte Millionen, verprasste alles, stürzte ab und lebte lange von Hartz IV.
"In der Vergangenheit habe ich mich oft wie auf einer Achterbahn gefühlt. Für kurze Zeit ganz oben, als strahlender Sieger, und dann plötzlich wieder ganz unten, am Boden zerstört. Einmal fand ich mich im Straßengraben wieder und dreimal auch im Knast", sagte der Bad Boy des deutschen Boxsports einmal.
Das ganze Drama seines Lebens wurde deutlich, als Ex-Ehefrau Christine ihre Autobiografie ("K.o. nach zwölf Runden") vor einigen Jahren veröffentlicht hatte. Drogen, Prostituierte, häusliche Gewalt, Knast, Scheidung - Rocchigiani ließ keinen Skandal aus. Mehrmals musste der Mann aus Berlin-Schöneberg hinter Gitter - u.a. wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung oder wiederholten Fahrens ohne Fahrerlaubnis.
Die Ehefrau war auch dabei, als Rocchigiani einen der spektakulärsten Prozesse in der Geschichte des Profiboxens führte - und gewann. Am 22. März 1998 hatte sich der Rechtsausleger vor 9000 Zuschauern in der Berliner Max-Schmeling-Halle durch einen Sieg gegen den Amerikaner Michael Nunn den WM-Titel der WBC im Halbschwergewicht gesichert. Als erster deutscher Boxer widerlegte er das Motto "They never come back" und wurde zum zweiten Mal in seiner Karriere Champion.
Vier Monate später sorgte das World Boxing Council (WBC) für einen Eklat. Der Verband, in dem bereits Muhammad Ali Weltmeister war, ernannte plötzlich den Amerikaner Roy Jones zum neuen Champion. Rocchigiani fühlte sich bestohlen und zog in den USA vor Gericht.
Am Ende wurden ihm 31 Millionen Dollar Schadenersatz zugesprochen. Dem WBC drohte der Konkurs, 2004 ging Rocchigiani auf ein Vergleichsangebot ein und bekam 4,5 Millionen Dollar. Es dauerte aber nicht lange, da war auch diese Summe durchgebracht.
Nun trauert die Welt auch um Montserrat Caballé, die im Alter von 85 Jahren verstorben ist.
fro/sid/dpa