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Italien-Fluch: Löw setzt auf Spionage-Abwehr

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Über die Vorbereitung auf Italien will Joachim Löw nicht zu viel verraten. Foto: Arne Dedert
Über die Vorbereitung auf Italien will Joachim Löw nicht zu viel verraten. Foto: Arne Dedert © Arne Dedert

Am Genfer See sind Versteckspielchen angesagt. Bundestrainer Löw reizt alle Mittel aus, um sein Team möglichst geheim auf den «größten Prüfstein» im Turnierverlauf vorzubereiten. «Basti rein, Sami raus» - die Verwirrung läuft vor der Italien-Kraftprobe auf Hochtouren.

Évian-les-Bains (dpa) - Joachim Löw schöpft alle Mittel aus, um den Italienfluch zu beenden. Auch Spionage-Abwehr gehört dazu. Nur noch das Allernötigste soll über die Vorbereitung des Weltmeisters auf den Turnier-Angstgegner aus dem von Sicherheitskräften bewachten Quartier nach außen dringen.

Das Training am Genfer See war komplett geschlossen. Und sogar das Abschlusstraining für das EM-Viertelfinale wird am Freitag noch in Évian stattfinden und nicht am Spielort in Bordeaux, wie es normalerweise üblich wäre.

«Lasst Euch überraschen», bemerkte Mittelfeldspieler Toni Kroos am Donnerstag auf dem Pressepodium im DFB-Medienzentrum lächelnd zum Versteckspiel. Die Botschaft war auch an die anwesenden Reporter aus Bella Italia gerichtet. Heiteres Aufstellungs- und Taktikraten ist angesagt vor der Stunde X am Samstag (21.00 Uhr). «Da gibt es die nächsten Tage noch ein bisschen was zu spekulieren und diskutieren. Es gibt da ja alle möglichen Varianten: Basti (Schweinsteiger) rein, Sami (Khedira) raus, Sami mit dabei. Wir wissen, dass Jogi Löw sich immer mit vielen Varianten beschäftigt», sagte Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff am 20. Jahrestag des letzten deutschen EM-Titelgewinns in England.

Der «Golden-Goal»-Finalheld von 1996 berichtete von intensiven Diskussionen des Trainerstabes um Löw mit der Scouting-Abteilung im Teamhotel Ermitage. Die UEFA stimmte derweil einem Antrag des DFB zu, die finale Übungseinheit nicht im EM-Stadion von Bordeaux abhalten zu müssen. Im Stade Camille Fournier in Évian kann der Bundestrainer mit seinen Spielern hinter einem Sichtschutz unbeobachtet an taktischen Kniffen feilen, etwa an speziellen Standardsituationen. Mögliche personelle Veränderungen sollen ihren Überraschungseffekt behalten.

Bringt Löw doch wieder Mario Götze, der beim 4:1 im Test gegen Italien Ende März aufgetrumpft hatte? Dieser Sieg in München glückte mit einer Dreierkette sowie dem Überraschungs-Duo Toni Kroos und Mesut Özil im defensiven Mittelfeld. «Wir haben diese Option nicht zum Spaß gespielt», bemerkte Geheimnisträger Kroos. «Wir haben uns intensiv mit den Italienern beschäftigt. Wir werden auf sie vorbereitet sein», äußerte Löws Assistent Andreas Köpke. Die Normallösung wäre freilich, dass exakt jene Elf beginnt, die beim 3:0 gegen die Slowakei von vorne bis hinten funktioniert hatte. Auch der Kölner Jonas Hector soll nach einer Grippe einsatzfähig sein.

Die grundsätzlichen Abläufe werden vor dem «größten Prüfstein im Turnierverlauf» (Kroos) beibehalten. Auf dem Platz wird der Matchplan praktisch erprobt, daneben erfolgt in Sitzungen mit dem gesamten Team und in Gruppen die theoretische Unterweisung.

Der Respekt vor der Squadra Azzurra ist nicht nur wegen der düsteren deutschen Turnierbilanz (acht Spiele, kein Sieg) groß. Aber auch der Wille, eine Zeitenwende zu erzwingen. «Jede Serie geht irgendwann einmal zu Ende», sagte Reinhard Grindel. Der DFB-Präsident vertraut dem Bundestrainer. Löw habe in den ersten Spielen «eindrucksvoll bewiesen, dass er auf alle Gegner eine sehr gute Antwort findet». Der Chefcoach agiere als Teamworker und sei nicht «beratungsresistent».

Das 2:0 der Italiener gegen Spanien im Achtelfinale hat auch den Spielern beim TV-Studium imponiert. «Wir haben gesehen, wie gefährlich sie sind», sagte Mats Hummels. Es komme auf Kleinigkeiten an. «Es kann sein, dass es eines dieser Spiele wird, bei denen der erste Fehler, das erste Tor, schon alles entscheidet.»

Ein Torfestival ist nicht zu erwarten. Beide Teams treten in Frankreich mit sehr stabilen Abwehrreihen und zwei noch unbezwungen Torhütern auf. Bayern-Schlussmann Manuel Neuer (30, vier Spiele ohne Gegentor) und Juventus-Keeper Gianluigi Buffon (38, drei Einsätze zu Null) sind aus Sicht von Bundestorwarttrainer Köpke die beiden klar besten Tormänner des Turniers. «Es sind Nuancen, die sie unterscheiden», erklärte Köpke, selbst 1996 Europameister.

Neuer und Buffon werden ihre Mannschaften als Kapitäne aufs Spielfeld führen. «Sie sind zwei entscheidende Figuren in ihren Teams», sagte Köpke. Zusammen mit seinen erfahrenen Juve-Kollegen Leonardo Bonucci (29), Andrea Barzagli (35) und Giorgio Chiellini (31) bildet Buffon, der Weltmeister von 2006, ein perfekt eingespieltes Abwehrbollwerk.

Aber auch die deutschen Abwehrkräfte um das künftige Bayern-Dreieck Neuer, Boateng, Hummels haben sich bislang als Trumpf erwiesen. «Unsere Defensivarbeit mit den Italienern zu vergleichen, nehme ich als Kompliment», sagte der künftige Bayern-Profi Hummels.

Die Chefs des deutschen Sicherheitsdienstes - Boateng und Hummels - schweben in Gefahr. Sie sind ebenso wie Khedira, Özil und Joshua Kimmich mit einer Gelben Karte vorbelastet. «Das hat keinen Einfluss auf mein Spiel», versicherte Hummels zur drohenden Sperre im Halbfinale gegen Gastgeber Frankreich oder Island. Ein Zurückziehen im Zweikampf kommt für Hummels in seinem 50. Länderspiel nicht in Frage. «Ein Gegentor ist für die Mannschaft schlimmer als meine persönliche Strafe», sagte er entschlossen. Jedes Mittel ist recht, um den Italien-Fluch am 2. Juli 2016 zu beenden.

Die voraussichtliche Aufstellung:

Neuer - Kimmich, Boateng, Hummels, Hector - Khedira, Kroos - Müller, Özil, Draxler - Gomez

EM-Spielplan

EM-Teilnehmer

EM-Spielorte

Terminplan Nationalmannschaft

Sportliche Leitung der Nationalelf

Länderspielbilanz gegen bislang 91 Gegner

Deutscher EM-Kader

DFB-Teamhotel in Évian

Deutsche Rekordspieler

Deutsche Länderspiel-Ergebnisse

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