Rio de Janeiro (dpa) - Sieben Medaillen und vier Olympiasiege - ihre eindrucksvolle Rio-Bilanz kam den deutschen Rennkanuten beinahe unwirklich vor.
«Einfach unglaublich», konstatierte Sebastian Brendel, der sich im Canadier-Zweier über 1000 Meter mit seinem Teampartner Jan Vandrey zum Doppel-Olympiasieger der Brasilien-Spiele kürte. Auch der Kajak-Vierer der Männer triumphierte zum Abschluss in eindrucksvoller Manier. Obendrein gab es auf der Lagoa Rodrigo de Freitas noch Silber für den Kajak-Vierer der Frauen und Bronze für Kajak-Einer-Sprinter Ronald Rauhe. «Die Truppe ist der Wahnsinn», kommentierte der abtretende Bundestrainer Reiner Kießler.
Mit viermal Gold und sieben Medaillen dürfen sich die deutschen Rennkanuten über die beste Olympia-Bilanz seit 2004 in Athen freuen. Damals in Griechenland hatten die Paddler viermal Gold und dreimal Silber gewonnen. Der Deutsche Kanu-Verband ist wie in London 2012 auch erneut bester deutscher Fachverband. «Ich kann noch gar nicht richtig fassen, was hier passiert ist. Am Ende war es ein Ergebnis von vier Jahren harter und konsequenter Arbeit», urteilte Verbandschef Thomas Konietzko, der sich am Abend (Ortszeit) mit seinen Paddlern auf ins Deutsche Haus machen wollte.
«Jetzt geht es ans Feiern», kündigte Kajak-Männer-Bundestrainer Arndt Harnisch an. Vierer-Olympiasiegerin Steffi Kriegerstein sagte: «Wir werden das Deutsche Haus zwar nicht auseinandernehmen, aber natürlich schon ordentlich feiern.»
Für das erste Gold des Tages hatten Brendel und Jan Vandrey im Canadier-Zweier über 1000 Meter gesorgt. Wenige Minuten nach seinem Triumph erhielt Brendel gleich die nächste erfreuliche Nachricht - nämlich, dass er zum deutschen Fahnenträger bei der Schlussfeier am Sonntag bestimmt worden war. «Das ist unbeschreiblich», sagte der 28-jährige Potsdamer, der am Dienstag bereits im Canadier-Einer triumphiert hatte und damit zwei der vier Goldmedaillen einheimste.
Zusammen mit Vandrey setzte er sich vor Brasilien und der Ukraine durch. «Unser Endspurt ist gut gekommen. Das ist unglaublich. Großer Respekt an den Jungen», sagte Brendel in Richtung Vandrey. Der Youngster war nach dem Zieleinlauf überwältigt: «Ein bisschen nervös? Das war schon sehr aufregend.» Zumal das deutsche Boot noch zur Hälfte weit zurückgelegen hatte, doch Brendel und Vandrey hatten das größte Stehvermögen.
Dabei hatte der deutsche Verband erst kurz vor dem Olympia-Start trotz verpasster Qualifikation in dieser Disziplin noch eine Startgenehmigung erhalten, weil dem weißrussischen Verband wegen umfangreicher Dopingvorwürfe mehrere Quotenplätze aberkannt worden waren.
Eine klare Sache war der Sieg des Kajak-Vierers über 1000 Meter. Vom Start weg übernahm die deutsche Mannschaft die Führung und ließ der Konkurrenz nicht den Hauch einer Chance. Am Ende fuhr das Quartett mit mehr als einer Bootslänge Vorsprung ins Ziel. «Sie haben sich genau an den Plan gehalten», sagte Harnisch zufrieden.
Bei den Frauen reichte es nicht ganz zu Platz eins. Das Boot mit Franziska Weber, Tina Dietze, Sabrina Hering und Steffi Kriegerstein lag über 500 Meter nach einem guten Start zwischenzeitlich knapp vorn, doch auf der zweiten Hälfte war der ungarische Vierer nicht zu halten. «Ich bin super glücklich, jetzt ist der Akku aber alle. Das ist eine super Mannschaft, das hat so viel Spaß gemacht», sagte Weber, die zuvor schon mit Dietze im Zweier Silber gewonnen hatte.
Erst nach einem Fotofinish durfte Rauhe über Bronze jubeln. Im Kajak-Einer über 200 Meter lag der Potsdamer nach 200 Metern gleichauf mit dem Spanier Raul Craviotto 0,465 Sekunden hinter dem britischen Sieger Liam Heath und dem Franzosen Maxime Beaumont. «Das ist eine emotionale Achterbahnfahrt. Zuerst wurde ich auf Platz vier eingeblendet. Ich war schon traurig, die Medaille nicht zu haben», sagte Rauhe, ehe er doch noch jubeln durfte.
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