1. Startseite
  2. Sport
  3. Mehr Sport

Erst Schock, dann Aufholjagd: Warriors erzwingen sechstes Spiel

KommentareDrucken

Schock-Moment: Kevin Durant hält sich seinen verletzten Fuß - neben ihm ein frustrierter Klay Thompson.
Schock-Moment: Kevin Durant hält sich seinen verletzten Fuß - neben ihm ein frustrierter Klay Thompson. © Andreas Mayr

Ein verletzter Superstar, ein weinender Manager, eine geplatzte Meisterparty und jede Menge Dreier der Superstars: Spiel fünf der NBA-Finals hat alles zu bieten samt eines Erfolgs der Titelverteidigers. Die Golden State Warriors verkürzen in der Serie gegen Toronto auf 2:3.

Toronto - Sie waren schon tot. Sie lagen am Boden. Der Gegner hatte schon eine Hand am Meisterpokal. Doch die zwei besten Werfer, die je ein Basketball-Feld betreten haben, packten den Defibrillator aus und belebten die Golden State Warriors wieder. Mit drei Treffern in den letzten zwei Minuten führten Stephen Curry und Klay Thompson den Meister zu einem 106:105-Sieg über Toronto in Spiel fünf der NBA-Finals. Sie liegen noch immer 2:3 in der Serie zurück. Ob ihnen tatsächlich die historische Aufholjagd gelingt, ist äußerst ungewiss. Doch sie haben der Welt bewiesen, warum sie die herausragendste und beste Mannschaft ihrer Generation sind. Selbst angeschlagen und in Unterzahl geben die Warriors nicht auf. Warriors - das bedeutet Krieger. Besser lässt sich dieses Team nicht beschreiben.

Manager Myers weint - und übernimmt die Schuld

Die Hälfte aller Golden-State-Spieler läuft angeschlagen auf oder hat sich schon verletzt abgemeldet. Beim Auswärtserfolg kamen zwei weitere hinzu, die sich unter normalen Umständen (also in jeder Partie außerhalb der Endspiele) ohnehin nie aufs Feld geschleppt hätten. Kevon Looney und natürlich Kevin Durant, der Superstar. Seine Waden-Verletzung diktierte sämtliche Diskussionen rund um die NBA-Finals. Zugezogen hatte er sie sich im Viertelfinale gegen Houston. Seitdem rätselt die Szene, wann und ob er denn nochmals aufläuft. In jeder Pressekonferenz nötigten die Journalisten Trainer Steve Kerr, über seinen Zustand zu sprechen. Auch innerhalb des Teams wuchs der Druck auf Durant angeschlagen anzutreten, weil das ja seine Kollegen Thompson und Looney auch getan hatten. Nach einigen kurzen Trainingseinheiten am Wochenende entschied sich der Superstar zur Rückkehr. „Es war eine gemeinschaftliche Entscheidung“, sagt Bob Myers. Der Manager übernahm unter Tränen die Verantwortung für das missglückte Experiment. „Keiner trägt Schuld.“ Aber in der heutigen Welt suche man immer nach einem Schuldigen. Ärzte, Experten, das medizinische Team - jeder habe die malade Wade untersucht. „Wir haben uns gut gefühlt“, sagt Myers.

Wieder Weltklasse: Stephen Curry erzielt 31 Punkte.
Wieder Weltklasse: Stephen Curry erzielt 31 Punkte. © Andreas Mayr

Durant traf anfangs auch wie zu besten Zeiten, erzielte elf Punkte. Dann schüttelte es sein Bein durch. Die Fernsehbilder des krampfenden Beins gehören besser zensiert, so schmerzhaft waren sie anzusehen. Durant hielt sich das linke Bein, verließ erst die Arena und später auf Krücken die Halle. Myers bestätigte hinterher, was viele tuschelten: „Es ist eine Achillessehnen-Verletzung.“ Zunächst erwiesen sich die Fans der Raptors als Publikum ohne Stil. Sie feierten seinen Ausfall. Doch die Spieler beschwichtigten die Meute und brachten sie dazu, Kevin Durant mit Applaus sowie Sprechchören zu verabschieden. Ohne Durant übernahmen Curry und Thompson - genannt die Splash-Brothers - die Aufgabe. Gemeinsam gelangen ihnen 57 der 106 Punkte inklusive zwölf Dreiern. „Die Beiden sind unglaublich. Ich bin seit fünf Jahren hier - und ich habe so eine Leistung oft gesehen. Nicht in jedem Spiel - aber in den meisten“, lobt Trainer Steve Kerr. Seine zwei Stars richteten ihren Fokus danach lieber auf den verletzten Teamkollegen. „Es fühlt sich so schlecht an. Es ist hart, diesen Sieg überhaupt zu feiern“, sagt Thompson. Durants Ausfall habe alle im Team inspiriert, noch härter zu spielen. „Er hat alles geopfert“, ergänzt Curry.

Kanada ist bereit für die Meisterfeier, ehe sie platzt

Bis in den Schlussabschnitt hinein führte Golden State. Die tapferen Toronto Raptors versuchten mit allen Mitteln, ihre schwache Trefferquote von der Drei-Punkte-Linie zu kaschieren. Ihnen gelang das mit harter Arbeit, guter Defensive und einem Anführer, der über 30 Minuten geschwächelt hatte. Doch im vierten Viertel untermauerte Kawhi Leonard, warum ihn einige für den aktuell besten Basketballer des Planeten halten. Mit zehn Punkten in Folge warf er die Hausherren 103:97 in Führung. Thompson und Curry konterten mit drei Dreiern. Dennoch blieb den Raptors eine letzte Chance. Kyle Lowrys Versuch wurde von Draymond Green geblockt und landete neben dem Korb. „So machen das großartige Verteidiger“, sagt Lowry. Viele Anhänger der Raptors verharrten danach ungläubig auf ihren Sitzplätzen. Ganz Toronto, ach ganz Kanada, war vorbereitet auf die große Meister-Party. Einige Verrückte hatten zwei Tage lang am Maple-Leafs-Sqaure gewartet, nur um einen Platz auf der Fanmeile zu ergattern. 4000 Kilometer entfernt in Oakland feierten einige Anhänger der Warriors den Sieg in der Oracle Arena. Im Sommer ziehen die Warriors aus ihrer guten alten Stube aus. Nun erhält der Tempel eine würdige Abschiedsvorstellung in der Nacht auf Freitag. Die ganze Mannschaft werde nun für Durant spielen, betont Klay Thompson. „Du denkst bei jeder Aktion an ihn.“ Bislang hat es nur eine Mannschaft geschafft, einen 1:3-Rückstand im Finale aufzuholen - die Cleveland Cavaliers 2016 gegen Golden State. Den ersten Schritt dazu haben die Warriors gemacht. Die Frage ist nur, ob dieser dezimierte Kader noch zu weiteren Kraftakten fähig ist.

Nach dem Saisonende sorgte ein NBA-Star für eine faustdicke Überraschung: Der Profi-Basketballer beendete mit 31 Jahren seine Karriere, dabei hätte er im Sommer einen Mega-Vertrag unterschreiben können. Mittlerweile hat Kawhi Leonard auch eine Entscheidung über seine Zukunft gefällt: Der 28-Jährige verlässt Meister Toronto und wechselt nach Los Angeles.

Auch interessant

Kommentare