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„Werder Bremen war mein Vorbild“ - Gladbach-Sportchef Max Eberl im Interview

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Man kennt sich: Seit Max Eberl Gladbachs Sportdirektor ist, hat der Club 21 Bundesliga-Spiele gegen Werder Bremen bestritten. Und die Bilanz ist positiv: Zehn Siegen stehen vier Niederlagen und sieben Remis gegenüber.
Man kennt sich: Seit Max Eberl Gladbachs Sportdirektor ist, hat der Club 21 Bundesliga-Spiele gegen Werder Bremen bestritten. Und die Bilanz ist positiv: Zehn Siegen stehen vier Niederlagen und sieben Remis gegenüber. © dpa

Er ist schon seit elf Jahren im Business und nie um eine klare Meinungsäußerung verlegen – kein Zweifel: Max Eberl (46) zählt zu den markantesten Köpfen unter den Machern in der Fußball-Bundesliga.

Mönchengladbach – Im Interview mit der DeichStube* spricht der Sportdirektor von Tabellenführer Borussia Mönchengladbach über den kommenden Gegner Werder Bremen, über den allgemeinen Umgang der Branche mit Trainern und über die anhaltenden Bayern-Gerüchte um seine Person.

Herr Eberl, Gladbachs Europapokal-Saison begann mit einer Schlappe, ausgerechnet gegen einen Club aus Österreich – 0:4 gegen Wolfsberg. Haben Sie diesen Schock inzwischen endgültig verdaut?

Schon lange abgehakt. Es war keine katastrophale Leistung, doch ein bescheidenes Spiel von uns, in dem alles schief gelaufen ist. Die nächsten Partien waren weitaus besser, nicht nur durch die Resultate, die Wolfsberg schnell haben vergessen lassen.

Die Niederlage wirkt sich aber noch immer auf den Tabellenstand in Gruppe J aus: Gladbach steht auf dem letzten Platz. Am Donnerstag startet mit dem Heimspiel gegen die AS Rom die Rückrunde. Rechnen Sie sich noch Chancen aus?

Natürlich, zumal wir auswärts zwei Remis geholt haben. Wir sind zuversichtlich, dass wir es noch schaffen können. Das Heimspiel gegen Rom wollen wir natürlich gewinnen, um auch im wichtigen Direktvergleich besser zu sein.

Europa League oder Bundesliga – gibt es aus Ihrer Sicht eine Wertigkeit der beiden Wettbewerbe?

Nein, beide sind für uns gleich wichtig. In der letzten Saison haben wir uns ins Zeug gelegt, um uns für Europa zu qualifizieren. Daher wollen wir uns behaupten und haben uns als Ziel gesetzt, in der Europa League zu überwintern. Doch es bleibt auch dabei: Die Bundesliga ist unser tägliches Brot.

Und dort läuft es erstaunlich gut. Die Borussia ist Tabellenführer...

... und das seit vier Spieltagen, erstmals nach langer Zeit. Die Mannschaft präsentiert sich bestens und steht verdient dort, wo sie momentan platziert ist. Wir haben einen tollen Lauf und haben bislang stolze 22 Punkte auf dem Konto. Ich freue mich vor allem über die Konstanz in den Leistungen der letzten Wochen.

Einige träumen schon vom Titel. Es häufen sich die Vergleiche zur berühmten Fohlenelf aus den glorreichen 1970er-Jahren. Stört Sie das?

Diese Vergleiche werden nicht von uns gemacht, sondern werden von außen an uns herangetragen. Wir wollen uns nicht dagegen wehren, wenngleich ich auch sagen muss: Die damaligen Zeiten sind unvergessen und werden immer einzigartig bleiben, wenn man den Fußball betrachtet, der in jenem Jahrzehnt in Gladbach geboten wurde.

Was ist aus Ihrer Sicht die hauptsächliche Ursache für den grandiosen Saisonstart Ihrer Mannschaft?

Es ist schwer, ja unmöglich einen Grund dafür zu nennen. Wir haben uns im Sommer vorgenommen, etwas Neues zu machen. Damit verknüpft war die Verpflichtung von Marco Rose als einem innovativen Trainer, der mit seiner Art und Sichtweise des Fußballspielens für den Wandel steht.

Max Eberl gefällt „schlüssiges Konzept“ beim SV Werder Bremen

Können Sie die Erneuerung konkret beschreiben?

In Gladbach haben wir jahrelang erfolgreich einen Ballbesitzfußball präsentiert. Marco Rose setzt Akzente, was Aktivität und Schnelligkeit betrifft, was Tempo und Laufintensität anbelangt. Er steht für einen kraftvollen Fußball nach vorn, aber auch für ein ausgeprägtes Verständnis, auch mal zu verteidigen, wenn es erforderlich ist. Er fordert einen Spirit, bis zum letzten Moment zu kämpfen. Es ist eine Spielweise mit Tiefgang und Überzeugung. Natürlich ist er geprägt durch seine Zeit in Salzburg, wenngleich er nicht nur diesen typischen RB-Stil spielen lässt, sondern auch Kombinationsspiel und Ballbesitz zulässt.

War das der Grund für den Trainerwechsel von Dieter Hecking zu Marco Rose im Sommer?

Zunächst mal: Dieter Hecking hat hier einen großartigen Job gemacht. Doch ich war der Überzeugung, dass wir etwas anderes machen müssen. Gefühlt fast ein Jahrzehnt lang haben wir uns gegen die Großen der Branche gewehrt. Es gibt sechs Clubs, mit denen wir sportlich mithalten konnten, wenngleich die finanziell überlegen sind. Mit Bayern und Dortmund, mit Schalke und Leverkusen, mit Leipzig und Wolfsburg waren wir sportlich auf Augenhöhe. Doch wir wollen versuchen, zukünftig weiter dabei zu bleiben, daher mussten wir etwas ändern. Das wäre wahrscheinlich auch mit Dieter Hecking machbar gewesen, doch mit Marco Rose gab es einen anderen Trainer, der noch mehr für diese Veränderung prädestiniert ist.

Es gab bereits sechs Trainer während Ihrer Amtszeit in Gladbach: Hans Meyer, Michael Frontzeck, Andre Schubert, Lucien Favre, Dieter Hecking und jetzt Marco Rose. Was zeichnet den aktuellen Coach aus?

Jeder hat seine Eigenart, weil jeder ein anderer Mensch ist. Die Arbeit mit allen hat mir enorm viel gebracht, vom täglichen Umgang konnte ich viel lernen. Es wäre jedoch nicht redlich, einen Vergleich anzustellen. Was ich über Marco Rose sagen kann: Er hat einen sehr empathischen Ansatz, er ist jederzeit freundlich im Umgang mit allen. Und er repräsentiert die Borussia vorbildlich.

Das klingt nach den Lobeshymnen, wie sie in Bremen auch über Florian Kohfeldt gesungen werden. Wie beurteilen Sie den Werder-Trainer?

Ich schätze ihn sehr. Es kommt nicht von ungefähr, dass er unlängst sein zweijähriges Jubiläum bei Werder feiern durfte. Wie Marco Rose zählt Kohfeldt zur Generation der aufstrebenden jungen Trainer, die einen aktiven Fußball spielen lassen.

Wie sehen Sie das Projekt Werder insgesamt?

Es bahnt sich etwas an. Marco Bode als Vorsitzender des Aufsichtsrats, Frank Baumann als Sportvorstand, Kohfeldt als Trainer – es funktioniert. Es ist eine klare Idee vorhanden, ein schlüssiges Konzept. Zudem ist die Führung mutig, vertritt offensiv nach außen die angepeilten Ziele. Das gefällt mir sehr.

Gladbachs Sportdirektor Max Eberl (r.) schätzt die Arbeit von Florian Kohfeldt, dem Trainer bei Werder Bremen.
Gladbachs Sportdirektor Max Eberl (r.) schätzt die Arbeit von Florian Kohfeldt, dem Trainer bei Werder Bremen. © imago images / Team 2

Max Eberl: „Werder Bremen war immer ein cooler Verein“

Bremen also wieder auf einem guten Weg?

Der Club hatte stets Erfolg, wenn es Kontinuität bei den Verantwortlichen gab. Als ich anfing in meinem Job, habe ich Werder immer als leuchtendes Beispiel genannt. Der Verein war für mich ein Vorbild, dem ich in Gladbach nacheifern wollte. Nicht nur wegen der Erfolge und des sehenswerten Offensivfußballs im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts, sondern auch wegen des nachahmenswerten Erscheinungsbilds: Werder war immer sympathisch, Werder war immer ein cooler Verein.

Auf nach Europa – so lautet das Saisonziel, das die Bremer verkündet haben. Augenblicklich sind Sie im unteren Feld der Tabelle platziert mit einigem Abstand zu den internationalen Plätzen. Kann Werder das Ziel noch erreichen?

Noch einmal: Ich begrüße die offensive Vorgehensweise. Leider konnte Werder nicht ahnen, was passiert ist. Ich habe verfolgt, wie dramatisch die Personalsituation mitunter war. Bis zu zehn Verletzte, in Gladbach haben wir diese ärgerliche Situation in jüngster Vergangenheit auch erlebt. Nun hat sich die Lage entspannt. Zuletzt haben die Bremer fünfmal remis gespielt, wobei nicht nur ich das Gefühl hatte, dass sie die Partien eher hätten gewinnen als verlieren können. Sie werden also wieder siegen und möglicherweise einen Lauf starten. Ich wünsche es ihnen, nur hoffentlich nicht am Wochenende, gegen uns muss das nicht sein. Ob sie noch mal ganz ins Vorderfeld kommen? Es wird schwer bei der sich abzeichnenden Zweiteilung der Liga. Zehn Vereine haben sich schon etwas abgesetzt.

Zu aktuellen Ereignissen in der Liga: Was sagen Sie zum Erscheinungsbild der Bayern?

Sportlich ist es eine Extremlage in München. Die Bayern spielen längst nicht den Fußball, der ihnen vorschwebt. Aktuell haben sie auch einige personelle Probleme. Im Sommer dachten alle an mögliche Probleme in der Offensive nach dem geplatzten Sane-Transfer, daher wurde die Verpflichtung von Coutinho getätigt. Nun ergeben sich erhebliche Schwierigkeiten in der Defensivabteilung nach den Verletzungen von Süle und Hernandez.

Wie sehen Sie die Trennung von Niko Kovac?

In München passiert nun das, was an anderen Standorten gang und gäbe war und ist. Vielleicht ist es daher so spektakulär, weil diese Mechanismen auch bei den Bayern greifen, wenn der Erfolg ausbleibt. Und Nico Kovac hat, wie man hört, seinen Rücktritt angeboten.

Präsident Uli Hoeneß tritt ab, Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge verabschiedet sich in zwei Jahren, mit Hasan Salihamidzic gibt es einen schwachen Sportdirektor – die Führung gibt ebenso kein gutes Bild ab wie die hochbezahlten Superstars im Kader, doch der Trainer muss gehen. Kovac als Opfer und Alleinschuldiger?

Festzuhalten ist, dass der Trainer nun mal eine fundamentale Stellung einnimmt. Er ist das wichtigste Glied in der Kette Spieler hin zum Verein. Er kann am meisten beeinflussen. Bei einer sportlichen Schieflage gerät er daher unweigerlich in die Diskussion.

Gehen Trainer-Entlassungen zu schnell, Max Eberl?

Ihr Ex-Trainer Dieter Hecking hat nun, da neben Kovac auch Mirko Slomka in Hannover seinen Job verloren hat, abermals den Umgang mit den Trainern kritisiert. Gibt es einen Trend hin zu zu schnellen Beurlaubungen?

Ich sehe es nicht so. Auch früher gab es dies schon. Zu schnell? Kovac ist der Erste, der in dieser Saison gehen muss in der Ersten Liga – und wir haben schon November. In der letzten Saison mag es so gewesen sein, dass es vermehrt zu solchen Maßnahmen gekommen ist. Wenn ich bei mir durchrechne, so ergibt sich eine Verweildauer von im Schnitt zweieinhalb Jahren, die die Trainer in Gladbach arbeiteten. Ich kann betonen, dass ich sehr sorgsam vorgehe, mir die Entscheidung nie leicht gemacht habe, wenn ich eine Trennung vornehmen musste.

Es wird häufig die Klage geführt, dass die Sportvorstände und Geschäftsführer, die Manager oder Sportdirektoren im Vergleich zu den Trainern zu viel Macht hätten. Sehen Sie diese Tendenz?

Überhaupt nicht, wir stehen doch nicht morgens einfach auf und überlegen uns, einen Trainer zu feuern. Und wir können im Club doch nicht allein über eine solche schwerwiegende Personalmaßnahme bestimmen und entscheiden. Mein Ziel als sportlich Verantwortlicher ist es, Stabilität und Kontinuität auf der Trainerstelle zu gewährleisten. Bei einer gewissen Konstanz ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass sich Erfolg einstellt. Wenn ich als Sportdirektor die Trainer einstelle und rasch wieder feuere, dann komme ich doch schnell selbst in Gefahr. Ich muss doch Angst um meinem Job haben. Ich wäre dumm, wenn ich es darauf anlegen sollte.

Sie sind bekannt dafür, eine offensive Pressepolitik zu betreiben, sich immer zu stellen und auskunftsbereit zu sein, ob Sieg oder Niederlage. Ist es für Sie denkbar, zu den Medien zu gehen, ohne etwas sagen zu wollen?

Kommunikation ist Teil meines Job, ein sehr wesentlicher Teil, der immer wichtiger geworden ist. Ich kann mir nicht vorstellen, zu den Medienleuten zu gehen und nichts zu sagen zu haben.

Sie haben bemerkt, auf wen die Frage gemünzt war. Hasan Salihamidzic hat sich so verhalten, ihr Kollege, der den Posten innehat, für den Sie mal im Gespräch waren. Die Spekulationen über einen Wechsel von Max Eberl zu den Bayern halten sich. Was sagen Sie zu diesem Thema?

Es stimmt, dass ich öfter mit den Bayern in Verbindung gebracht werde. Ich kann dazu nicht mehr sagen als vor einiger Zeit, als alles aufkam. Ich habe meinen Vertrag in Mönchengladbach verlängert bis 2022.

(Das Interview führte Hans-Günther Klemm)

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