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Martin Fourcade im Interview: "Das deutsche Biathlon in Frage zu stellen, ist absurd"

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Biathlon: Martin Fourcade gab 2008 sein Weltcup-Debüt und ist einer der erfolgreichsten Biathleten aller Zeiten.
Biathlon: Martin Fourcade gab 2008 sein Weltcup-Debüt und ist einer der erfolgreichsten Biathleten aller Zeiten. © picture alliance/Sven Hoppe/dpa

Martin Fourcade geht als Titelanwärter in die Biathlon-WM 2020 in Antholz. Im Interview mit chiemgau24.de spricht er über die Stärke der französischen Mannschaft und äußert sich deutlich zur Kritik am deutschen Biathlon.

Antholz - Wenn am 13. Februar die Biathlon-WM 2020 in Antholz beginnt, richten sich viele Augen auf Martin Fourcade.

Der 31-Jährige Franzose hat in dieser Saison wieder zu alter Leistungsstärke gefunden, führt die Gesamtwertung der Herren an und will in Antholz seine beeindruckende Titelbilanz weiter ausbauen.

Fünf olympische Goldmedaillen und elf Weltmeistertitel hat er in seiner langen Karriere schon gesammelt. Bei der Biathlon-WM 2020 sollen weitere Erfolge hinzukommen. Biathlon-WM 2020: Alle Infos zur Weltmeisterschaft in Antholz 

Doch Fourcade ist nicht mehr der einzige Franzose, der im Biathlon um Siege mitlaufen kann. Längst hat der siebenfache Gesamtweltcup-Sieger Konkurrenz aus dem eigenen Team bekommen. Quentin Fillon Maillet siegte beim letzten Rennen vor der WM und ist Zweiter im Gesamtweltcup

Simon Desthieux liegt auf dem vierten Rang der Saisonbesten und auch Fabien Claude ist in dieser Saison schon aufs Podest gelaufen. In der Nationenwertung führt Frankreich knapp vor Norwegen. Auch in den Mixed-Staffeln gehört Frankreich zu den Sieganwärtern bei der WM. Biathlon-WM 2020 in Antholz: Benedikt Doll im Interview

Am Rande des Biathlon-Weltcups in Ruhpolding hat chiemgau24.de mit Fourcade über die französische Stärke im Biathlon gesprochen, Fourcade gibt dabei Einblicke in die Erfolgsgeheimnisse der französischen Herren und spricht Klartext zu kritischen Stimmen gegenüber dem deutschen Biathlon. Biathlon-WM in Antholz 2020: Alle Termine und Ergebnisse

Biathlon: Martin Fourcade im Interview

Herr Fourcade, Frankreich führt die Nationenwertung bei den Herren an, drei der vier besten Athleten im Gesamtweltcup sind Franzosen. Woher kommt dieser enorme Leistungssprung?

Martin Fourcade: Das hat vielseitige Gründe. Die Grundlagen für die heutigen Erfolge wurden vor vielen Jahren gelegt. Vor zwei Jahren haben wir dann den Trainer gewechselt, das hat innerhalb des Teams neue Impulse gesetzt. Man darf nicht vergessen, dass unser Team noch verhältnismäßig jung ist und wir jetzt die Früchte ernten, die wir vor einigen Jahren gesät haben. Außerdem haben wir eine sehr gute Mischung innerhalb des Teams.

Wie meinen Sie das?

Fourcade: Fabien Claude und Emilien Jacquelin sind Mitte 20, Simon Desthieux und Quentin Fillon Maillet gehen auf die 30 zu und ich bin knapp über 30 Jahre alt. Wir haben aus drei Biathlon-Generationen entsprechende Erfahrungswerte dabei, ergänzen uns damit sehr gut.

Welche Rolle nehmen Sie innerhalb dieses Teams an?

Fourcade: Mit meiner Erfahrung und den Erfolgen, die ich erzielt habe, nehme ich natürlich eine Führungsposition ein und helfe meinen Teamkollegen, wenn sie mich um Rat fragen.

Sehen Sie Ihre Vormachtstellung innerhalb des Teams in Gefahr?

Fourcade: Das hohe Niveau innerhalb unserer Mannschaft führt automatisch zu einer höheren Intensität im Training, gibt mir zusätzliche Motivation und hat auch meine Leistungsfähigkeit noch einmal angehoben. Entsprechend positiv ist diese Entwicklung auch für mich. Ich konzentriere mich auf meine Leistung. Und sollte dann einer der Jungs besser sein, ist das eben so. Wir wollen individuell und als Team erfolgreich sein, um Vormachtstellungen geht es dabei nicht.

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Sie arbeiten in Frankreich mit ausgebildeten Schützen zusammen, die aus dem Schießsport kommen. Welchen Effekt hat das?

Fourcade: Das macht sich in den Ergebnissen deutlich bemerkbar. Wir haben uns vor knapp zehn Jahren eine Expertise von Außen ins Team geholt, von der wir als Biathleten jetzt enorm profitieren. Das Schießen hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen, entsprechend positiv sind die Effekte.

Würden Sie dieses Modell auch für das deutsche Team empfehlen?

Fourcade: Mir steht es nicht zu, dem deutschen Team irgendwelche Empfehlungen zu geben. Die deutschen Biathleten sind im Schießen hervorragend ausgebildet. Deutschland gehört seit Jahrzehnten zu den besten Nationen der Welt, auch heute noch. Ohne gute Grundlagen im Schießen wäre das nicht möglich.

Dennoch wurde in Deutschland in den vergangenen Wochen Kritik laut, dass man den Anschluss an die Weltspitze verpasst habe...

Fourcade: Deutschland hatte mit Magdalena Neuner und Laura Dahlmeier zwei Jahrhundert-Biathletinnen. Die Erfolge der beiden waren außergewöhnlich, das darf man in der gesamten Debatte nicht vergessen. Die beiden sind aber nicht mehr aktiv, entsprechend gehen die Erfolge zurück. Deshalb aber gleich das deutsche Biathlon als Ganzes in Frage zu stellen, ist absurd.

Quelle: chiemgau24.de

*chiemgau24.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks

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