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Ramona Hofmeister: "Das ist für uns Sportler brutal schwierig"

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Snowboarderin Ramona Hofmeister avancierte im vergangenen Winter zu Deutschlands erfolgreichster Wintersportlerin.
Snowboarderin Ramona Hofmeister avancierte im vergangenen Winter zu Deutschlands erfolgreichster Wintersportlerin. © picture alliance/Gian Ehrenzeller/KEYSTONE/dpa

Ramona Hofmeister aus Bischofswiesen hat den Gesamtweltcup im alpinen Snowboard gewonnen. Im Interview spricht Hofmeister über den Weltcup, Olympia und die Corona-Zeit.

Bischofswiesen - Mit sechs Weltcupsiegen, zwei Siegen im Mixed und zwei Podestplätzen gewann Ramona Hofmeister in der vergangenen Weltcup-Saison als zweite deutsche Athletin nach Amelie Kober 2009 den Gesamtweltcup im alpinen Snowboard und avancierte zur erfolgreichsten deutschen Wintersportlerin der Saison 2019/20.

Im ersten Teil des Interviews mit BGland24.de spricht die 24-Jährige aus Bischofswiesen über ihre Erfolge im vergangenen Winter, ihre Erlebnisse während der Corona-Krise und die Ungleichbehandlung von Snowboardern bei Olympischen Spielen.

Frau Hofmeister, wie haben Sie die vergangenen Wochen in Zeiten von Corona erlebt?

Ramona Hofmeister (24): Mir geht es gesundheitlich gut, das ist in diesen Tagen ja das wichtigste. Wie nach einem langen Weltcup-Winter üblich, hatte ich einen längeren Urlaub geplant, ich wollte mit meiner Familie nach Kenia reisen. Den Urlaub mussten wir natürlich canceln, aber die Gesundheit steht in diesen Tagen im Vordergrund. Daher kann ich mich nicht beklagen.

Wie hat sich ihr Trainingsalltag durch die aktuelle Situation verändert?

Hofmeister: Wir hatten einen Materialtest geplant, der ob der Umstände leider nicht stattfinden konnte. Daher lag mein Fokus in den vergangenen Wochen auf der Grundlagenausdauer, die wir für den Winter benötigen. Ich bin viel an der frischen Luft unterwegs, fahre viel mit dem Rennrad. Darüber hinaus habe ich mir in meinem Keller einen kleinen Kraftraum eingerichtet, in dem ich mit meiner Schwester regelmäßig Workouts mache.

Viele Sportler haben sich während der Corona-Krise sozial engagiert. Sie auch?

Hofmeister: Ja, mir war es ein großes Anliegen, in dieser schweren Zeit mit anzupacken. Meine Mutter hat mich in die Kunst des Nähens eingewiesen. Nach kurzen Anlaufschwierigkeiten habe ich dann Schutzmasken genäht, die wir medizinischen Einrichtungen und Pflegeeinrichtungen des Bayerischen Roten Kreuzes im Kreisverband Berchtesgaden bereitgestellt haben.

Im Gegensatz zu anderen Wintersportlern, wie beispielsweise aus Österreich oder der Schweiz, haben Mitglieder von Snowboard Germany oder des Deutschen Skiverbandes derzeit nicht die Möglichkeit, auf Schnee zu trainieren. Inwiefern kann sich das auf den kommenden Weltcup-Winter auswirken?

Hofmeister: Das hängt davon ab, wann wir wieder ausreisen dürfen und die sonst übliche Vorbereitung auf Schnee absolvieren können. Noch sehe ich keinen Nachteil, allzu lange sollten die Beschränkungen aber nicht mehr anhalten. Aber ich mache mich nicht verrückt und bin optimistisch, dass wir den für August geplanten Trainingsblock in Zermatt durchführen können.

Sie haben am 1. März in Blue Mountain (Kanada) als zweite Deutsche nach Amelie Kober den Gesamtweltcup im Snowboard gewonnen. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf diesen Tag zurück?

Hofmeister: Es war ein überwältigender Tag mit unendlich vielen Emotionen. Ich konnte es erst gar nicht glauben und musste mehrmals nachfragen, ob ich den Gesamtweltcup denn wirklich schon gewonnen habe. Ich konzentriere mich im Laufe eines Winters auf meine Leistungen und schaue nur selten auf die Gesamtwertung. Von daher kam es selbst für mich überraschend, dass ich schon an diesem Tag die große Kristallkugel sicher hatte.

Ramona Hofmeister gewann in der vergangenen Saison den Gesamtweltcup und den Disziplin-Weltcup im Parallel-Riesenslalom.
Ramona Hofmeister gewann in der vergangenen Saison den Gesamtweltcup und den Disziplin-Weltcup im Parallel-Riesenslalom. © picture alliance/Peter Kneffel/dpa

Wie ist ihre enorme Leistungssteigerung zu erklären?

Hofmeister: Da spielen viele Faktoren eine Rolle. Wir haben Änderungen im Betreuerteam vorgenommen, zudem habe ich meine Sommervorbereitung umgestellt. Dann sind wir in die Saison gestartet und ich habe gleich das erste PGS-Rennen gewonnen. Das hat mir mental einen riesigen Schub und enorme Selbstsicherheit gegeben. Es hat vor und während des Winters einfach alles zusammengepasst.

Sie hatten oft mit Verletzungen zu kämpfen, unter anderem hatten Sie schon in jungen Jahren zwei Bandscheibenvorfälle. Welche Konsequenzen haben Sie daraus gezogen?

Hofmeister: Man lernt mit den Jahren die Schwachstellen im Körper, in meinem Fall ist es der Rücken, kennen und stimmt das Training entsprechend ab. Nach der Saison 2018/19 bin ich an der Schulter operiert worden, anschließend habe ich mich mit meinen Trainern, Ärzten und Betreuern zusammengesetzt und gezielte Trainingsprogramme entwickelt, die auf mich abgestimmt sind. Das war ein sehr wichtiger Schritt für meine Entwicklung.

Apropos Entwicklung: Es hat sich in den vergangenen Jahren viel getan innerhalb der deutschen Mannschaft. Allen voran Sie und Selina Jörg haben große Erfolge eingefahren. Wie wichtig ist diese teaminterne Konkurrenz für Sie?

Hofmeister: Selina spielt eine große Rolle in meiner Entwicklung. Nicht nur sportlich sind die Duelle mit ihr eine große Bereicherung, wir verstehen uns auch privat sehr gut und ergänzen uns auf hohem Niveau. Eigentlich bin ich ja mit Cheyenne Loch in einem Zimmer. Da Cheyenne die vergangene Saison leider verletzt aussetzen musste, war ich mit Selina auf einem Zimmer. Im Laufe des Winters haben wir uns den Spitznamen „Podium-Buddys“ gegeben, das fasst unsere Beziehung perfekt zusammen (lacht). Was auf Selina zutrifft, gilt für das gesamte Team. Unser Zusammenhalt ist groß und ein wichtiger Teil unseres Erfolges.

Ramona Hofmeister (rechts) und ihre Teamkollegin Selina Jörg gewannen bei Olympia 2018 in Pyeongchang Bronze und Silber.
Ramona Hofmeister (rechts) und ihre Teamkollegin Selina Jörg gewannen bei Olympia 2018 in Pyeongchang Bronze und Silber. © picture alliance / Michael Kappeler/dpa

Sie sprechen es an: Snowboard Germany hat die erfolgreichste Saison seiner Geschichte hinter sich. Wo steht der alpine Snowboard-Sport im Vergleich zu anderen Wintersportarten?

Hofmeister: Wir sind auch im Wintersport-Bereich noch eine Randsportart. Das liegt daran, dass wir eine vergleichsweise junge Wintersport-Disziplin sind und nicht über die TV-Präsenz verfügen, wie beispielsweise Biathlon, Skispringen oder Ski Alpin. Aber es hat sich, einhergehend mit unseren Erfolgen, vieles bereits positiv entwickelt, öffentliche Wahrnehmung und Aufmerksamkeit sind stetig gestiegen. Noch gibt es da aber Luft nach oben.

Was muss passieren, um den nächsten Schritt zu machen?

Hofmeister: Wir werden alles versuchen, sportlich weiterhin erfolgreich zu sein und so die Weichen für eine noch bessere Entwicklung zu stellen. Abseits der Pisten versuche ich über Social Media die Menschen zu erreichen und so unseren Sport nach vorne zu bringen. Das macht mir großen Spaß und wird von den Usern auch gut angenommen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Wintersportarten gibt es für die alpinen Boarder nur eine Disziplin bei Olympischen Spielen. Während im Weltcup und bei Weltmeisterschaften im Parallelslalom, im Parallelriesenslalom und im Mixed-Wettbewerb gefahren wird, steht bei Olympia nur der Parallelriesenslalom auf dem Programm. Wie wirkt sich das auf Ihren Sport aus?

Hofmeister: Sicher nicht positiv. Ein zweiter Wettkampf auf der großen Bühne Olympia wäre für die Entwicklung unserer Sportart ein wichtiger Schritt nach vorne. Deswegen versuchen wir über unsere Athletensprecher und Trainer, auf die Entscheidungsträger einzuwirken. Dabei geht es nicht nur um die Weiterentwicklung unserer Sportart. Auch für uns Athleten ist diese Konstellation alles andere als angenehm.

Der Leoparden-Schal ist das Markenzeichen von Ramona Hofmeister.
Ramona Hofmeister nahm 2018 erstmals an den Olympischen Spielen teil. © picture alliance / Angelika Warmuth/dpa

Wie meinen Sie das?

Hofmeister: Wir arbeiten sehr lange und hart dafür, bei Olympia erfolgreich zu sein. Wenn man dann alle vier Jahre nur eine einzige Chance dazu hat, ist das für uns Sportler aus mentaler Sicht brutal schwierig. Hinzu kommt der logistische Aspekt. Wir sind mehrere Wochen unterwegs, um dann letztlich ein einziges Rennen zu fahren. Da wäre ein zweiter Wettkampf sinnvoll und gerechtfertigt.

2022 finden die Olympischen Winterspiele in Peking statt. Spielt das in Ihren Planungen bereits eine Rolle?

Hofmeister: Ich schaue in der Regel nicht allzu weit in die Zukunft, aber Olympia 2022 ist nicht mehr so weit entfernt und ich habe es im Hinterkopf. 2019 habe ich in China bereits ein Weltcup-Rennen gewonnen und 2021 findet die WM in China statt. Da wird Olympia 2022 automatisch greifbarer.

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Sie haben es angesprochen, 2021 soll in China die WM ausgetragen werden. Welche Ziele haben Sie sich dafür gesetzt?

Hofmeister: Zunächst hoffe ich, dass der Weltcup-Winter wie geplant stattfinden kann. Dann will ich an meine Leistungen aus der vergangenen Saison anknüpfen. Wenn mir das gelingt und ich zur WM in guter Form bin, ist ein WM-Titel doch sehr verlockend.

Frau Hofmeister, vielen Dank für das Gespräch - Anmerkung der Redaktion: Am Sonntag lesen Sie den zweiten Teil des Interviews mit Ramona Hofmeister

Quelle: BGland24.de

*BGland24.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks

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