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Marvel‘s Avengers (PS4) im Test: Deutlich besser als befürchtet

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Überraschend gute Heldensaga: So spielt sich «Marvel's Avengers»
In Marvel`s Avengers spielen wir in der Kampagne vor allem mit der hochflexiblen Kamala Khan alias „Miss Marvel“. © dpa-tmn / Square Enix

Die ausgedehnte Beta ließ das Schlimmste befürchten, doch das fertige Spiel weiß zu überzeugen: Marvel‘s Avengers kann im Test überraschen.

Was „Star Wars“ in den 80er und 90er Jahren war, ist zweifelsohne jetzt Marvel: Ein popkulturelles Phänomen, an dem niemand, der nicht die vergangenen 15 Jahre auf einer einsamen Insel ohne Internet verbracht hat, vorbeikommt. Die Filme aus dem Superheldenkosmos pulverisieren einen Kassenrekord nach dem nächsten. So war es nur eine Frage der Zeit, bis das Superheldenspektakel „Avengers“, bei dem in wechselnder Besetzung die populärsten Marvel-Helden gemeinsam gegen gigantische Bedrohungen kämpfen, eine ordentliche Spieleumsetzung bekommt.

Den Zuschlag bekam am Ende Crystal Dynamics, die schon der guten alten Lara Croft in der Reboot-Trilogie erfolgreich eine Frischzellenkur verpasst haben. Waren die Tomb Raider Spiele allerdings eine reine Singleplayer-Erfahrung, so war die Aufgabe bei „Marvel‘s Avengers“ eine andere. „Destiny“ hat es vorgemacht: Mit so genannten Servicegames sind Unsummen zu verdienen. Denn der Publisher verdient nicht nur am eigentlichen Verkauf des Spiels, sondern auch an möglichen Erweiterungen und kosmetischen Items, die im Spiel verkauft werden. Ein Servicegame wird permanent erweitert und bindet deswegen Spieler jahrelang - auch finanziell.

„Marvel‘s Avengers“ im Test: „Destiny“ mit Superhelden und einer echten Story

War „Destiny“ ein Mix aus MMO und Shooter, ist „Marvel‘s Avengers“ ein Mix aus MMO und Prügelspiel. Damit enden aber auch die Gemeinsamkeiten. Setzt „Destiny“ vor allem auf den sozialen Aspekt und betrachtet die (selbst für langjährige Spieler wie mich) rettungslos verquaste Story bestenfalls als Mittel zum Zweck, merkt man den Avengers im Test an, dass die Entwickler von Crystal Dynamics große Erfahrungen im Erzählen von Spielen haben.

„Avengers“ hat nicht nur eine Story, diese ist auch noch wirklich lang, gut erzählt, spannend und fesselnd. Nachdem die Avengers, die deutliche Anzeichen von Hybris zeigten, in Ungnade gefallen und in alle Winde verstreut sind, ist es am Avengers-Fangirl Kamala Khan, die Truppe wieder zusammen zu bringen. Das ist richtig gut erzählt. Umso unverständlicher ist es da, dass Publisher Square Enix im Vorfeld des Releases so wenig Augenmerk darauf gelegt hat, den Kunden zu erklären, dass auch Leute, die nicht unbedingt mit anderen zusammenspielen wollen, sehr viel Spaß an dem Spiel haben können.

Zu den seltsamen Entscheidungen, die im Vorfeld des Verkaufsstarts getroffen wurden, war auch die Veranstaltung einer öffentlichen Beta mit einem offensichtlich sehr, sehr alten Build. Die Beta war - vorsichtig formuliert - ziemlich furchtbar und wirkte eher abschreckend als kaufanreizend.

„Marvel‘s Avengers“ im Test: Großer Spaß mit vielen Fehlern

Das jetzt veröffentlichte Spiel ist in allen Belangen deutlich besser als die Beta. Das liegt nicht nur an der Story. Auch die Spielmechaniken funktionieren. In der Kampagne und später im Endgame haben wir nach und nach Zugriff auf die verschiedenen Superhelden, die hier aus Spoilergründen nicht alle genannt werden sollen. Jeder einzelne dieser Helden hat besondere Charakteristiken und spielt sich deutlich anders als die anderen. Jeder kann durch Verteilung von Skillpunkten und Ausrüstungsgegenständen an die bevorzugte Spielweise angepasst werden.

Die Basis für ein Servicegame ist also gelegt. Schade ist nur, dass die einzelnen Ausrüstungsgegenstände im Gegensatz zum Klassenprimus „Destiny“ keine optischen Auswirkungen auf den Charakter haben. Das geht nur über die Skins, die man sich (in homöopathischen Dosen) erspielen oder für absurd viel Geld im Shop kaufen kann. 

Dennoch macht eine entspannte Prügelei nach Feierabend im Endgame bei „Marvel‘s Avengers“ Spaß. Die Grafik ist hübsch, die Effekte und Sounds dem Genre angemessen. Perfekt ist das Spiel freilich dennoch nicht. Denn man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es einfach noch nicht ganz fertig ist und noch einige Monate Feinschliff vertragen hätte. Dass ein Konsolenspiel auf der PS4 Pro kurz vor Ende kommentarlos abstürzt und den gesamten Fortschritt zunichte macht, habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Und das ist mehr als einmal passiert. 

Dazu kommen etliche Glitches, fehlerhafte Animationen und dass die Sprachausgabe kurz vor Ende des Spiels aus unerfindlichen Gründen von Deutsch auf Englisch wechselt, ist bei einem so hoch budgetierten Vollpreisspiel auch irritierend. Das trübt allerdings den Spaß an der Superheldenkeilerei nicht nachträglich. Man hat halt nur den Eindruck, dass das Spiel unbedingt jetzt auf den Markt geworfen werden musste, um im Spätherbst nicht im Spektakel der Premiere von PS5 und XBox One Series X nicht unterzugehen.

„Marvel´s Avengers“ im Test: Fazit

“Marvel‘s Avengers“ ist im Test nicht perfekt, aber deutlich besser als sein Ruf. Es ist ein Riesenspaß, mit den bekannten Marvel-Helden den Bösewichtern Backpfeifen zu verpassen und macht als Servicegame viel richtig. Daneben präsentiert es auch noch eine spannende und gut erzählte Kampagne. Nun muss sich zeigen, ob weiter an den Avengers gearbeitet wird und die vielen ärgerlichen Bugs schnell aus dem Spiel verschwinden. Zudem hängt alles davon ab, ob es Crystal Dynamics und Square Enix schaffen, schnell und kontinuierlich neue Inhalte ins Spiel zu integrieren, um die Spieler bei der Stange zu halten. Wie man es nicht macht, hat EA mit „Anthem“ (Test) gezeigt, das in der Rückschau ein grandioser Flop war.

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