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Es begann in der Fernsehstube: TV wird 80 Jahre alt

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Fernsehen
So sahen die ersten Fernsehgeräte aus dem Jahr 1935 aus. © dpa

Berlin - Zu Hause im Wohnzimmer, möglichst großer Bildschirm und alles gestochen scharf: So sieht Fernsehen heute aus. Vor 80 Jahren konnte man davon nur träumen.

Der Fernsehsender „Paul Nipkow“ ist weit weniger bekannt als ARD und ZDF, RTL und Sat. 1. Dabei ist er der Urahn der großen öffentlich-rechtlichen und privaten TV-Programme. „Paul Nipkow“ hieß das erste regelmäßige Fernsehprogramm der Welt. Am 22. März 1935 startete es in Berlin. Mit dem heutigen Fernsehen hatte das Programm von damals jedoch noch nicht viel gemeinsam, weiß Prof. Wolfgang Mühl-Benninghaus von der Humboldt-Universität zu Berlin.

Der Medienwissenschaftler kennt die Geschichte des Fernsehsenders genau. Anstatt zu Hause auf dem Sofa zu sitzen, traf man sich in sogenannten Fernsehstuben. 20 bis 30 Leute starrten auf einen winzigen Bildschirm, kleiner als ein A4-Blatt. Aus Erlebnisberichten weiß der Professor, dass die Leute zwar gerne mal vorbeischauten. Allerdings gingen sie längst nicht so regelmäßig in die Fernsehstuben wie in die Kinos. „Im Gegensatz zum Kino führte das Fernsehen ein absolutes Nischendasein“, sagt Mühl-Benninghaus.

Theaterstücke und Zaubershows

Benannt wurde der Sender nach einem Pionier auf dem Gebiet des Fernsehens. Paul Nipkow war als Erfinder jener Scheibe, die Bilder zur telegrafischen Übermittlung in Punkte zerlegte, eine Koryphäe. Ihm zu Ehren trug der Sender seinen Namen. Die Bilder wurden anfangs nur per Kabel übertragen. Diese Infrastruktur blieb regional begrenzt. Deshalb kamen zunächst nur die Berliner in den Genuss der neuen Technologie. Später auch die Hamburger.

„Es gab kein durchstrukturiertes Programm“, sagt Mühl-Benninghaus. Sehr viel wurde damals live gesendet, meistens Fernsehspiele. Show-Einlagen von Zauberern oder Jongleuren ergänzten die kurzen Theaterstücke. Ganze Filme gab es dagegen seltener. Auch mit Dokumentationen wurde experimentiert. Dazu gab es kurze Beiträge, beispielsweise über Berlin. Diese seien die Vorgänger heutiger Magazinbeiträge, meint Mühl-Benninghaus. Das Programm dauerte meist zwei Stunden pro Tag.

Unterhaltung oder Propaganda?

Zum Start des Senders hieß die Ansagerin ihre Zuschauer im Stil der Nazizeit willkommen: „Achtung, Achtung! Fernsehsender Paul Nipkow. Wir begrüßen alle Volksgenossen und Volksgenossinnen in den Fernsehstuben Großberlins mit dem deutschen Gruß: Heil Hitler!“

Den Begriff Propaganda sieht der Professor dennoch kritisch. „Die Frage ist, welche Rolle Unterhaltung spielt und welchen Wert man ihr beimisst.“ Einerseits könne man Unterhaltung als Grundrecht der Bevölkerung ansehen, egal ob mit Hakenkreuz oder rotem Banner im Hintergrund. Andererseits könne Unterhaltung aber auch als Ablenkung und damit tatsächlich als Mittel der Propaganda interpretiert werden. „Die Fernsehpioniere sagen alle: „Wir haben keine Propaganda gemacht““, betont der Professor.

Das Ende kam für den Sender „Paul Nipkow“ schleichend. Mit dem Krieg wurde die Technologie meist nur noch in Lazaretten eingesetzt, vor allem in Frankreich. Vom Pariser Eiffelturm aus wurde das Programm per Funk übertragen. Als die Alliierten die französische Hauptstadt einnahmen und sich die Situation im Dritten Reich insgesamt verschlechterte, endete auch die Geschichte des ersten Fernsehsenders. Dessen Produzenten wurden zu den Pionieren der TV-Landschaft in Ost- und Westdeutschland.

dpa

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