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„Scheinheiligkeit“ - Jenke-Experiment zu Plastik-Müll bewegt Zuschauer: RTL bekommt trotzdem Shitstorm

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Jenke von Wilmsdorff sorgte mit einem neuen TV-Experiment für Entsetzen und einen Shitstorm gegen RTL.
Jenke von Wilmsdorff sorgte mit einem neuen TV-Experiment zum Thema Plastik für Entsetzen und einen Shitstorm gegen RTL. © dpa / Jörg Carstensen

Das neue „Jenke-Experiment“ zum Thema Plastik-Müll und wie dieser Menschen krank macht, berührte die Zuschauer. RTL bekam neben Lob aber auch gehörige Vorwürfe.

Der Fernsehjournalist Jenke von Wilmsdorff ist mittlerweile bekannt für seine teils extremen TV-Experimente. Dabei schreckt der 53-Jährige auch nicht davor zurück, seine eigene Gesundheit aufs Spiel zu setzen. So auch in seinem neuen „Jenke-Experiment“, das am Montag über die TV-Bildschirme flimmerte. Jenke nahm sich des Themas Mikro-Plastik an und ergänzte laut Sendungs-Titel: „Das Plastik in mir: Wie der Müll uns krank macht“.

Wieder einmal schaffte es der RTL-Reporter mit seiner Themenauswahl eine Fragestellung aufzugreifen, die den meisten Deutschen nicht komplett unbekannt vorkommen dürfte. Doch die Ausmaße des Plastik-Problems waren offenbar vielen nicht bewusst. Schon das erste Beispiel der Sendung dürfte viele Zuschauer überrascht haben: Laut Wilmsdorff nehmen wir alle jede Woche so viel Plastik über Nahrung, Luft und etwa Kosmetik in unserem Körper auf, dass man damit eine Kreditkarte anfertigen könnte.

Das „Jenke-Experiment“: Volle Ladung Plastik für den Körper

Damit leitet Jenke seinen Selbstversuch für die aktuelle Sendung ein: Er will es auf die Spitze treiben und vier Wochen lang nur Lebensmittel essen, die in Plastik verpackt sind. Um sich möglichst stark zu belasten, holt er sich Rat von einem ehemaligen Experten des Umweltbundesamts, der dem Reporter erklärt, in welchen Produkten besonders viel Plastik enthalten sei. Dazu zählen Wasserflaschen, Wurstaufschnitt, Fertiggerichte und etwa Konservendosen. Um die Veränderungen überwachen zu können, gibt Jenke vor dem Start in einem Speziallabor Urin- und Blutproben ab.

Nach vier Wochen Plastik-Ernährung das Ergebnis: Im Körper des Journalisten waren die Weichmacher-Werte im Blut um das Vierhundertfache erhöht, die im Urin immerhin um das Zweihundertfache. 

Neben dem Selbstversuch liefert Jenke von Wilmsdorff auch noch reichlich Anschauungsmaterial aus aller Welt. So reiste er in die Malediven zu einer Müll-Insel, untersuchte, wo der deutsche Müll eigentlich hingeliefert wird (Südostasien) und testete etwa Kita-Kinder auf Weichmacher-Rückstände. Von seinen Reisen bringt Jenke erschreckende Bilder von Gewässern voller Plastik und Kindern mit Weichmacher im Körper.

Neben all diesen erschreckenden Nachrichten zeigte Jenke von Wilmsdorff in seiner Sendung aber auch, dass es auch anders geht: Er besuchte etwa eine Familie, die Plastik-frei lebt, oder einen Unverpackt-Laden.

Video: RTL-Teaser zum „Jenke-Experiment zu Mikroplastik“

„Jenke-Experiment“ zu Plastik: Zuschauer reagieren „entsetzt“

Mit seiner Sendung erreichte der Journalist offenbar wieder einmal sein Ziel: Er klärte zu einem Thema auf, das zwar grundsätzlich bekannt, aber dennoch vielen Zuschauern nebulös war. Das lässt sich aus den Wortmeldungen zur Sendung in den sozialen Medien herauslesen. „Ich habe gar keine Worte für die Bilder, die eben zu sehen waren. Ich weiß, dass ich selber nicht genug tue, um die Welt zu retten, aber ich werde mich jetzt definitiv noch mehr bemühen“, schrieb etwa ein Zuschauer via Twitter. Ein anderer fasste zusammen: „Ich bin zutiefst entsetzt (...) Kindergartenkinder bei denen zu 100 Prozent zahlreiche, verbotene Weichmacher im Urin nachgewiesen werden...Wir müssen umdenken. Alle!“ 

Und auch der ausstrahlende TV-Sender RTL bekam Lob für das neue „Jenke-Experiment“: „Hey @RTLde , einen so wichtigen und guten Beitrag um 20.15 Uhr zu senden (da, wo er hingehört) ist top! Echt gut! Hoffentlich gibts ne Traumquote“, schrieb ein User begeistert.

„Jenke-Experiment“ löst Shitstorm gegenüber RTL aus

Die große Mehrheit richtete an den Sender aber Kritik. Die durch das „Jenke-Experiment“ gerade sensibilisierten Zuschauer störten sich sehr an der Werbung, die die Sendung unterbrach: „Über Plastikmüll aufregen, aber als ersten Spot in der Werbung Kreuzfahrtschiffe bewerben“, kommentierte ein Twitter-User. Ein anderer hat es noch genauer genommen: „Mal mitgezählt: 7 / 12 Werbespots haben für (Mikro)plastik und Elektroschrott geworben. Der Rest waren virtuelle Produkte (Webseiten, Handytarife). Ich nenne das Scheinheiligkeit“.

Wieder ein anderer listet noch einmal auf, welche Umwelt-Sünden-Produkte während der Jenke-Show beworben wurden: „Werbung für Kreuzfahrten, Fertigprodukte, Autos, Plastik-verseuchte Windeln, Discounter etc.“. Sein Fazit: „Das #JenkeExperiment ist eine nette Idee, das Greenwashing von @RTLde kann man aber (noch) nicht ernst nehmen.“

Diese Reaktionen dürften die Sendungsmacher um Jenke von Wilmsdorff aber höchstwahrscheinlich eher freuen. Schließlich zeigt sich dadurch, dass der Extrem-Journalist sein Ziel, die Zuschauer wach zu rütteln, einmal mehr erreicht hat.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Journalist für Aufregung sorgt. Besonders aufsehenerregend war Jenke von Wilmsdorffs Experiment, in dem er harte Drogen zu sich nahm. Doch auch andere Promis kommen in Jenkes Show an ihre Grenzen, das musste etwa TV-Koch Tim Mälzer erleben. Eine andere Reporterin nimmt im Zuge einer RTL-Reportage die Partydroge Ecstasy. Dabei hat sie sich im Rausch von einem Kamerateam filmen lassen.

Nach fast 20 Jahren ist nun dennoch Schluss: RTL und Jenke gehen getrennte Wege*. 

rjs

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