Aber Idil Baydar hatte Beispiele. So fand sie, dass das Phänomen „Clan-Kriminalität“ aufgebauscht worden sei. „Wir haben mehr Migranten an Unis als im Gefängnis!“ Und gerade einmal zwei Prozent der Fälle von Polizeigewalt landeten vor Gericht. Dabei sei laut EU „racial profiling“ verboten (in Deutschland gibt es keine Statistiken dazu); sie verwies aber auch darauf, dass die Polizei überfordert sei, weil viele Stellen abgebaut worden seien. Und schloss: „Die deutsche Polizei schützt uns nicht“.
Erwartungsgemäß kam auch der Text von Hengameh Yaghoobifarah zur Sprache, die in der taz in ihrer die Kolumne „all cops are berufsunfähig“ geschrieben hatte, eine geeignete Verwendung für Polizisten in einem Land ohne Polizei sei „die Mülldeponie. Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.“
Özdemir fand den Text kurzerhand „widerlich“, Fiedler „konnte keine Satire erkennen“ (womit er nicht falsch liegt), während Idil Baydar ihn mit dem Hinweis verteidigte, es sei auch niemand aufgestanden, als AfD-Politiker Gauland gesagt habe, man solle die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özuguz, in Anatolien „entsorgen“.
Innenminister Horst Seehofer, wieder einmal überfordert*, verzichtete dann doch noch auf eine Anzeige, lud aber die „taz“-Redaktion ins Ministerium ein. Es ist nicht bekannt, dass er das bei der „Bild“ oder der „Jungen Freiheit“ auch einmal getan hätte ...
Wenn aber Fiedler „Hochschaukel-Effekte in der Gesellschaft“ befürchtete, die am Ende „in Konflikten auf der Straße“ endeten, sei ihm ein Blick in die Archive empfohlen, wo er den Text eines „Mescalero“ fände, der einst seine „klammheimliche Freude“ über die Ermordung von Generalbundesanwalt Siegfried Buback geäußert hatte. Auch Özdemir erinnerte an die RAF und wünschte sich, dass der Staat gegenüber Rechtsradikalen in der Polizei mit derselben Härte vorginge.
Sendung vom Donnerstag, 25. Juni, 22.15 Uhr. Die Sendung im Netz in der Mediathek.
Da sah Polizist Fiedler kein Problem. Man fordere doch Untersuchungen solcher Fälle* wie etwa der rechtsextremen Prepper-Gruppe „Nordkreuz“: „Wir haben Interesse, uns von schwarzen Schafen zu trennen.“ Diese „Subjekte“ müsse man aus dem Polizeidienst entfernen. Aber wen ruft man um Hilfe, wollte Illner listig wissen. „Wir haben etablierte Beschwerdewege“, beruhigte sie Fiedler, und Bosbach schlug in die gleiche Kerbe. Idil Baydar erinnerte hingegen an den Fall der Rechtsanwältin, die von einem Netzwerk rechtsextremer Polizisten aus Frankfurt bedroht worden war.
Letztlich aber verteidigte Fiedler natürlich den Großteil seiner Kollegen; viele gingen aus Idealismus oder einem positiven Staatsverständnis zur Polizei. Man müsse für bessere Qualifizierung sorgen. Und den Dialog mit den Kritikern suchen. Es liege ihm am Herzen, dass „der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält, möglichst groß ist.“ (Daland Segler)
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