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Talk zur IAA in Frankfurt: SUV, ein abseitiges Thema?

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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, CDU, hat kein Problem mit SUVs.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, CDU, hat kein Problem mit SUVs. © Screenshot/ZDF

Talk zur IAA: Die einen mahnen die Versäumnisse der Verkehrspolitik an, die anderen malen eine rosige Autozukunft: die Mobilitätsdebatte bei Maybrit Illner.

Die Internationale Automobilausstellung in Frankfurt steht dieses Jahr mehr als zuvor in der Kritik. Aktuell ist es etwa die Debatte um die SUV, nachdem in Berlin bei einem Unfall mit einem solchen Auto vier Menschen zu Tode gekommen sind. Dann tauchte gestern das Gerücht auf, VW habe auch bei Wagen, die der Euro-6-Norm entsprechen, per Software den Abgas-Ausstoß manipuliert. 

Und schließlich zeigte sich der Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) unter seinem scheidenden Chef Bernhard Mattes so unsouverän, den Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) nicht als Redner zur Eröffnung zuzulassen. Der Politiker hatte kritische Töne den Autolobbyisten gegenüber anschlagen wollen. 

IAA: Kulturkampf ums Auto bei Maybrit Illner

Das wurde bei Maybrit Illners Sendung zum Thema "Klima, Pendler, Arbeitsplätze – der Kulturkampf ums Auto" nicht einmal erwähnt, wohl auch, weil da drei Herren saßen, die wenig Interesse hatten, am Heilig's Blechle der Deutschen zu kratzen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, CDU, ziemlich auf Krawall gebürstet, fand die Debatte um die SUV ohnehin ein „abseitiges Thema, typisch für Berlin Mitte“, und meinte: „Die Leute sollen doch fahren, was sie wollen.“ 

Dagegen zeigte Herbert Diess, Vorstandschef von Volkswagen, dass er seit seinem ersten Auftritt bei Illner ein paar Seminare in Diplomatie besucht haben muss. Er gab sich ruhig, sachlich, freundlich und versicherte natürlich, dass der in Rede stehende Motor keine Abschalt-Einrichtung habe – um wenig später hinzuzufügen: „Eine Prüfstands-Erkennung braucht man immer.“ 

Fragt sich dann nur noch, wie sie genutzt wird... Aber da gab sich der Dritte im Bunde der Autofreunde ganz zuversichtlich: Man müsse eben abwarten und prüfen, sagte Ferdinand Dudenhöffer, Ökonom und Verkehrswissenschaftler, zu Zeiten der Abgas-Betrügereien war er schon mal kritischer gegenüber der Industrie. 

SUV Thema bei Maybrit Illner

Diese Rolle übernahmen Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, und Janna Aljets, alias „Tina Velo“, Umwelt-Aktivistin und Sprecherin der Initiative „Sand im Getriebe“. Sie wetterte gegen die SUV („Die Dinger sind scheißgefährlich“) und verwies auf 3000 Verkehrs-Tote jährlich, während der Grüne die miese Ökobilanz und den Platzbedarf der großen Spritfresser monierte. 

Die Diskussion spielte sich im Folgenden zwischen Vergangenheit und Zukunft ab. Während Hofreiter und Aljets auf die eklatanten Versäumnisse der Verkehrspolitik verwiesen (die sehr lange von CSU-Ministern bestimmt war), argumentierten Kretschmer, Diess und Dudenhöffer gerne mit Plänen und Vorhaben. Diess glaubt gar, dass die Kritik am Auto abnehmen werde, weil es sicherer und emissionsfrei werde. Kretschmer, der ein großes VW-Werk in Zwickau hat und den VW-Boss eilfertig lobte, will „auf Innovationen vertrauen“ und polemisierte gleich mal gegen „eine kleine Gruppe, die sich über die Mehrheit erhebt“. 

Zeitverschwendung um Mitternacht: Überstunden für Quasselstrippen beim ARD-Talk am Dienstag

Davon konnte natürlich keine Rede sein, und der Vertreter der „Mehrheit“ machte denn auch die ganze Misere der Verkehrspolitik deutlich. Ibrahim Ghaddar, schlicht als „Pendler“ vorgestellt, verbringt täglich vier Stunden am Steuer – für 120 Kilometer Strecke zur Arbeit und zurück. Er steht im Stau, weil er sich auf die Deutsche Bahn nicht verlassen kann. Dudenhöffer bestätigte: „Die Bahn funktioniert seit 70 Jahren nicht!“ 

Infrastruktur für Elektroautos fehlt

Während Autoverkäufer Diess dem Pendler einen Leasingvertrag für ein E-Auto nahelegte (was der als für sich nicht finanzierbar ablehnte), folgerte der CDU-Politiker, man müsse die Infrastruktur ausbauen. Aber unter der Ägide seiner Parteifreunde wurden in den vergangenen Jahren 6500 Kilometer Strecke stillgelegt, wie Hofreiter anmerkte. 

Auch Diess bekundete Interesse an besserer Infrastruktur, denn sonst mache das Autofahren auch mit Elektroautos ja keinen Spaß mehr. Deren Herstellung sie eben nicht als umweltfreundlich auswies, wie Janna Aljets darlegte. Dagegen argumentierte Dudenhöffer wieder mit Hinweis auf noch nicht Existierendes: Künftig werde alles recycelt. 

Lesen Sie hier zum Talk bei Maybrit Illner: CDU-Mitgliedern fehlt das Vertrauen in Kramp-Karrenbauer*

In naher Zukunft soll es nach Diess’ Aussage auch signifikant mehr Elektro-Autos geben (vom Wasserstoff-Antrieb war so gut wie nicht die Rede). Ob seine Kunden allerdings die für dieses Jahr anvisierten 80 000 E-Autos kaufen werden, ist zu bezweifeln, denn es fehlt an – richtig: der Infrastruktur. 

Hofreiter forderte mehr Ladesäulen, die Bundesregierung habe es aber zum Beispiel immer noch nicht geschafft, dass Ladesäulen in Tiefgaragen errichtet werden könnten: „Machen, machen, machen!“ rief er Kretschmer zu. Der konterte mit dem Vorwurf, die Grünen seien die Bremser, und forderte etwa – Nachtigall ick hör dir trapsen – Unweltverträglichkeitsprüfungen abzuschaffen. „So sieht ein schwarz-grünes Bündnis aus“ kommentierte da ganz trocken Maybrit Illner. Da kann man den Sachsen nur viel Spaß wünschen bei den Koalitionsverhandlungen... 

Maybrit Illner, ZDF, von Donnerstag, 12. September, 22.15 Uhr. Infos Im Netz

Bei Anne Will in der ARD ging es um Klimaschutz und wie radikal die Maßnahmen dafür ausfallen dürfen.

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