Noch ein Unterschied zu 1975: Im „S.W.A.T.“-Team sind jetzt auch Frauen zugelassen.
Die gelegentlichen politischen Anspielungen lassen noch die Handschrift des Koautors Shawn Ryan erkennen. Ryan hatte 2002 mit „The Shield“ eine außergewöhnlich radikale Polizeiserie vorgelegt. Shawn Ryans Kabinettstück: Der korrupte Polizist und Teamleiter Vic Mackey (Michael Chiklis) wurde bereits in der ersten Folge zum Mörder und dennoch zur zentralen Figur der Serie. Es gelang dem Autorenteam sogar, beim Publikum Sympathien für diesen Charakter zu wecken, der sich im Verlauf der Erzählung als hochgradig ambivalent erwies und – für die Zuschauer immer wieder überraschend und spannend – ständig zwischen Verworfenheit und subjektiven moralischen Prinzipien schlingerte. In der Serie wurden wiederholt aktuelle lokalpolitische Ereignisse aufgenommen, die sich, zumal wenn Wahlen unmittelbar bevorstehen, in Form öffentlichkeitswirksamer Direktiven auf die Polizeiarbeit auswirken können.
Nach „The Shield“ konzipierte Ryan weitere Serien, blieb aber weitgehend glücklos. Vielleicht der Grund, warum „S.W.A.T.“ inhaltlich deutlich hinter „The Shield“ zurückbleibt. Der Dramagehalt ist gering, das Geschehen wird von den aktionsreichen, mit süffiger Musik unterlegten Einsätzen der Truppe bestimmt. Immer gelten sie Schwerverbrechern wie Drogenhändlern, ausgebrochenen Gefangenen, Menschenschmugglern. Die Gangster pflegen wie wild um sich zu schießen, die Legitimation für die „S.W.A.T.“-Leute, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Dabei vollbringen sie mitunter kleine Wunder, so wenn Hondo von einem schwankenden Hubschrauber aus auf große Entfernung einen Geiselnehmer niederstreckt.
Das Regiekonzept stammt von Kino- und TV-Regisseur Justin Lin, der auch als Ausführender Produzent fungiert und zuvor unter anderem Erfahrungen bei der „Fast & Furious“-Reihe sammelte. Deren Einfluss ist nicht zu verkennen.
An realistischen Maßstäben darf man die Inhalte dieser Serie nicht messen. Das TV-Kommando kommt weitaus häufiger zum Einsatz als reale „S.W.A.T.“-Teams, die nur bei besonderen Lagen herangezogen werden. Und Hondos Leute übernehmen Aufgaben wie Fahndungen und Vernehmungen, die in der Wirklichkeit normalen Polizeikräften zustehen. Dennoch ließen sich im Gewand einer auf Unterhaltungswert ausgelegten Serie auch Inhalte von gesellschaftlicher Relevanz transportieren. Sporadisch gelingt das, beispielsweise wenn die Autoren auf die prekäre Situation philippinischer Einwanderer aufmerksam machen.
TV-Krimi im ZDF: Herr und Frau Bulle wühlen im Abfall
An anderer Stelle wird das eingebettete Thema ohne Not denunziert. Jim Street (Alex Russell) stößt als Neuling zur Truppe. Seine Mutter Karen (Sherilyn Fenn) sitzt im Gefängnis. Sie hat ihren Mann getötet, weil er sie und Jim misshandelt hatte. So ihre Darstellung, die jedoch ab Folge 3 in Frage steht, weil Hondo die Frau als Lügnerin und Manipulateurin entlarvt. Ein fragwürdiger Umgang mit dem Sujet häusliche Gewalt, das eine sensiblere Herangehensweise verdient hätte.
In solchen Momenten bleiben die Serienschöpfer Shawn Ryan und Aaron Rahsaan Thomas hinter ihren Möglichkeiten zurück. Das kompromisslerische, in seiner Aussage oft unentschiedene Programm aber ist erfolgreich. Das US-Sendernetzwerk CBS hat bereits die vierte Staffel in Auftrag gegeben.
Von Harald Keller
„S.W.A.T.“, ab Mittwoch, 20.5., ab 20:15 Uhr, RTL Nitro