Das war der Anlass für die Sendung gewesen, wie im Einspieler zu Beginn dargestellt: Der Bund verfüge über einen „Rekord“-Überschuss, warum gebe die Regierung das nicht an die Bürgerinnen und Bürger weiter? Finanzminister Olaf Scholz hatte recht plötzlich von einer teilweisen Abschaffung des Soli schon zur Jahresmitte gesprochen, im Koalitionsausschuss kam das Thema zur Sprache, wurde aber vertagt. Auf Anne Wills Frage warum, entspann sich ein Hickhack zwischen Brinkhaus und Walter-Borjans, worauf FDP-Chef Christian Lindner den Streitenden eine Paartherapie empfahl. Das war aber auch der einzige originelle Beitrag des Liberalen, der tatsächlich glaubte, einen Unterschied machen zu müssen zwischen den „Bedürftigen“ und denen, „die unsere Gesellschaft tragen“. Zynischer geht’s kaum.
Im Streit um die Soli-Abschaffung argumentierte der Sozialdemokrat, die frühere Aufhebung werde die Kaufkraft stärken, der Christdemokrat wollte „erst ein vernünftiges Konzept“. Wie überhaupt Brinkhaus auf Kritik, etwa an fehlendem Wohnraum, vage argumentierte: „Da sind wir dran“. Gegen die Wohnungsknappheit helfe nur „bauen, bauen, bauen“. Ob das den Polizisten in Nordrhein-Westfalen helfen wird, die sich im Zweitjob als Pizza-Ausfahrer verdingen, weil sie sich die Wohnung sonst nicht leisten können? Die Zahl der Menschen mit einem zweiten Job ist von 1,9 auf 3,5 Millionen gestiegen.
Also vielleicht doch nicht nur bauen: Anette Dowideit wies auf die Gefahr hin, dass die Infrastruktur auf Dauer gefährdet sei, wenn die Beschäftigten immer weitere Wege zu ihren Arbeitsplätzen zurücklegen müssten, und führte als Beispiel für Alternativen das Genossenschaftsmodell in Wien an. Ulrich Schneider ging noch weiter und forderte einen „Umbau“. Man müsse „neu denken“, etwa ein System, bei dem alle Erwerbstätigen in die Rentenkasse einzahlen – also auch Beamte. Das wurde noch auf jeder Talkshow mit sozialer Thematik aufs Tapet gebracht, aber auch hier nicht weiter verfolgt. Denn so ein „Umbau“, das ginge denen, die sich’s gemütlich eingerichtet haben in diesem „guten Land“, dann doch zu weit...
Anne Will, ARD, von Sonntag, 2. Februar, 21.45 Uhr oder auf https://daserste.ndr.de/annewill/
Von den Ansprüchen der Leistungsgesellschaft überfordert: Vox zeigt einen Themenabend über psychische erkrankte und verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche. Das Durcheinander im Thüringer Landtag spiegelte sich auch in Maybrit Illners Talkshow wieder. Anne Wills Talkshow nach den Hamburger Wahl landete wieder beim Desaster von Thüringen. Anne Wills Talkshow nach den Hamburger Wahl landete wieder beim Desaster von Thüringen.