Eher bizarre Blüten treibt das auf dem ersten Blick trockene Thema Mehrwertsteuer in der Praxis. Welche Konsumgüter unter den Regelsatz und welche unter den ermäßigten Steuersatz fallen, ist nicht immer logisch zu erschließen. So fallen auf Reitpferde lediglich sieben Prozent Mehrwertsteuer an, für Esel hingegen 19 Prozent - egal ob lebend oder geschlachtet. Für Kreuzungen zwischen Pferd und Esel sind wiederum nur sieben Prozent zu entrichten, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.
Auch bei Fruchtsäften gibt es keine Einheitlichkeit. Der Steuersatz hängt von der Zubereitung ab. Grundsätzlich muss man für Getränke wie gepresste Fruchtsäfte 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlen. Bei Smoothies oder anderen pürierten Fruchterzeugnissen fallen jedoch lediglich sieben Prozent Mehrwertsteuer an. Richtig kompliziert wird es dann bei Weihnachtsbäumen: Künstliche Bäume werden zum Beispiel laut Welt grundsätzlich mit 19 Prozent belegt, Bäume aus einem Wald aber mit sieben Prozent. Für einen Baum aus einer Sonderkultur gilt ein spezieller Steuersatz von 10,7 Prozent. Ganz ohne Mehrwertsteuer, deren Senkung vom Bund der Steuerzahler kritisiert wird, gibt es dann noch Bäume aus dem Ausland. Die Discounter liefern sich derweil wegen der befristeten Mehrwertsteuer-Senkung einen Preiskampf.
Wie die Zahlen zustande kommen: Als Ausgangspunkt haben wir für 2019 die vorläufigen privaten Konsumausgaben in Deutschland herangezogen. Daraus haben wir die jeweiligen Unterkategorien ermittelt und gefiltert nach reinen Konsumprodukten - Versicherungen und Dienstleistungen lassen wir also bewusst außen vor. Für die zehn Top-Kategorien haben wir in der Folge jeweils auf Basis von Statistiken vom Kraftfahrtbundesamt, Amazon, Branchenverbänden, dem statistischen Bundesamt und anderen Quellen repräsentative Beispiele ermittelt. Die Auswahl erfolgte aber letztlich nicht nach wissenschaftlichen Kriterien, sondern soll ein breites und erkenntnisreiches Bild über die beliebtesten Konsumgüter in Deutschland zeichnen.
Wie wir die Preise berechnet haben: Für das jeweilige Produkt haben wir in der Folge einen Marktpreis bei Preissuchmaschinen und anderen Quellen mit breiter Datenbasis ermittelt. Beim Benzinpreis legen wir den Durchschnittspreis für Mai 2020 von clever-tanken.de zugrunde. Anschließend haben wir den jeweiligen Marktpreis auf den neuen Mehrwertsteuersatz umgerechnet - was etwa bei der Tabak- oder Mineralölsteuer eine komplexere Berechnung ist. Trotz dieser Einschränkungen lässt sich auf diese Weise aus unserer Sicht ein erstes hilfreiches Bild der am Mittwochabend verkündeten Mehrwertsteuersenkung in Zeiten des Coronavirus und ihrer Folgen zeichnen.
Ab Juli 2020 ändert sich nicht nur die Mehrwertsteuer: Zahlreiche weitere Änderungen in Deutschland gibt es dann für Verbraucher, Rentner und Urlauber.
Von Philipp David Pries und Selin Hubert
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