Die Wissenschaftler konnten damit Ergebnisse einer Studie* von Anfang Juni bestätigen. Der Forscher David Ellinghaus aus Kiel hatte, anhand von Daten aus Italien und Spanien, einen Zusammenhang zwischen zwei Genabschnitten und einem schweren Covid-19-Verlauf festgestellt. Zum einen eine Genvariante auf Chromosom 9, wo sich das ABO-Gen befindet, von dem die Blutgruppe eines Menschen abhängt und zum anderen die Genvariante auf Chromosom 3.
Andre Franke, Direktor des Instituts für klinische Molekularbiologie der Universität Kiel, der an der Ellinghaus-Studie beteiligt war, erklärte, dass die Studie von Zeberg und Pääbo sicherlich interessant sei, allerdings keine direkten klinischen Auswirkungen habe. Es sei die Frage, warum dieser Haplotyp noch in der heutigen Bevölkerung existiere.
„Der größte Teil des Neandertaler-Genoms, etwa 95 Prozent in unseren Genomen, wurde negativ selektiert. Wenn nun der Haupt-Risikohaplotyp für Covid-19 bleibt, muss er auch eine positive Rolle spielen“, sagte Franke.
Die Aufmerksamkeit, die die Studie der beiden Max-Planck-Forscher bekommt, sei überzogen, findet Jeanette Erdmann, Direktorin des Instituts für Kardiogenetik der Universität Lübeck. Sie war ebenfalls an der Ellinghaus-Studie beteiligt. „Die Arbeit von Zeberg und Pääbo ist meines Erachtens viel zu dünn für eine Publikation; ich kann mir kaum vorstellen, dass die Arbeit in dem vorliegenden Umfang in einem Fachjournal publiziert wird“, erklärte Erdmann.
„Diskussionen, die in früheren Zeiten institutsintern oder auf Kongressen arbeitsgruppenübergreifend geführt wurden, sind heute häufig Thema von sogenannten Preprints und bekommen vor dem Peer-Review-Verfahren schon sehr große öffentliche Aufmerksamkeit“, fügte die Wissenschaftlerin hinzu. Dadurch würden frühzeitig Ergebnisse hochgejubelt, die sich im Nachhinein vielleicht als falsch herausstellten.
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