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WHO und RKI wollten bedeutsame Corona-Entdeckung aus München nicht wahrhaben - Wäre alles anders gekommen?

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Hätte man die Ausbreitung des Coronavirus womöglich frühzeitig verhindern oder zumindest eindämmen können? Die New York Times wirft WHO und RKI Fehler vor.

München - Weltweit haben sich bislang mehr als zehn Millionen Menschen mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 infiziert, mehr als 500.000 sind an Covid-19 gestorben (Stand: 30. Juni). Das Leben während der Coronavirus-Pandemie ist eingeschränkt. Maskenpflicht*, Kontaktbeschränkungen und die Suche nach einem Impfstoff* bestimmen den Alltag. 

Hätte man all das womöglich verhindern können oder zumindest die verheerenden Auswirkungen der Corona-Pandemie verringern können? Ein Bericht der New York Times weist auf Versäumnisse der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des Robert-Koch-Instituts (RKI) hin. 

Coronavirus: Forscherteam aus München warnte vor infektiösen Patienten ohne Symptomen

Am 27. Januar hatte Camilla Rothe, die stellvertretende Leiterin der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin am LMU-Klinikum München, den Erreger Sars-CoV-2 erstmals bei einem deutschen Patienten identifiziert, wie Merkur.de* berichtete.

Der Mann, der als der erste Corona-Infizierter in Deutschland gilt, arbeitete für den Autozulieferer Webasto und hatte sich bei einer Kollegin aus China angesteckt, die aus dem Krisengebiet Wuhan stammte. Während ihrer Dienstreise hatte sie keine Symptome gezeigt, erst nach ihrer Rückkehr wurde sie positiv auf Sars-CoV-2 getestet und fühlte sich unwohl. 

Entgegen der damaligen Meinung der meisten Wissenschaftler, zweifelten Camilla Rothe und ihr Forschungsteam daran, dass nur Patienten mit Corona-Symptomen* ansteckend sind. 

Der „New York Times“ zufolge wandte sich Rothe mit ihren Ergebnissen basierend auf den Corona-Fall bei Webasto an ihren Chef Michael Hölscher, der wiederum die Fachzeitschrift „The New England Journal of Medicine“ (NEJM) kontaktierte. Bereits am 30. Januar erschien dort der Bericht von Camilla Rothe, Michael Hölscher und dem Forschungsteam, in dem sie davor warnten, dass auch Patienten, die keine Symptome zeigen, infektiös sind. 

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Bereits Ende Januar berichtete eine Forschergruppe, dass Patienten, die keine Symptome zeigen, infektiös sein können. © dpa / Britta Pedersen

Coronavirus: RKI moniert Formulierung in Ergebnissen der Münchner Forschergruppe

Doch die Ergebnisse aus München stießen auf großen Widerstand. So erklärte beispielsweise das schwedische Gesundheitsamt dem Zeitungsbericht zufolge, es gebe keine Beweise, dass Menschen bereits in der Inkubationszeit infektiös seien. 

Das RKI soll zweimal mit der aus China stammenden Frau, die das Coronavirus zu Webasto gebracht hatte, telefoniert haben. Das Institut bemängelte, dass die Frau Symptome gehabt habe, diese jedoch nicht als typische Symptome für das Coronavirus* identifizieren konnte. Der Bericht aus München wurde daher als nicht sauber bewertet formuliert.

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Coronavirus: RKI kommt selbst zu ähnlichen Ergebnissen - mit anderer Formulierung

Jedoch, so legt es die New York Times dar, soll es dem RKI um etwas ganz anderes gegangen sein. Demnach ist eine zweite Gruppe - das RKI gemeinsam mit Experten vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) - zu ähnlichen Ergebnissen gekommen - jedoch mit einem feinen Unterschied in der Formulierung. So seien Patienten infektiös, bevor sie alle Symptome zeigen. Der Bericht des Münchner Forschungsteams wurde jedoch kurz vorher veröffentlicht. 

Die New York Times berichtet weiter, dass Michael Hölscher daraufhin einen Anruf des Leiters des LGL, Andreas Zapf, erhalten haben soll. Dieser habe gesagt, dass man „in Berlin sehr verärgert über diese Veröffentlichung ist.“ Demnach hätte man sich gewünscht, dass der Bericht neu formuliert werde und die Namen der Münchner Experten durch die der zweiten Gruppe ersetzt werde. Michael Hölscher lehnte dies jedoch ab.

Dass kurz darauf, am 4. Februar 2020, in einer gemeinsamen Pressemeldung der Charité, der München Klinik Schwabing und des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr darauf hingewiesen wurde, dass Infizierte mit schwachen Symptomen infektiös seien, blieb unberücksichtigt. Wie die „New York Times“ berichtete, habe das RKI auf mehrere Anfragen nicht reagiert. 

Coronavirus: WHO dementiert Ergebnisse als „falsch“

Auch Slyvie Brand, Epidemiologin der WHO, widerlegte die Ergebnisse öffentlich. Auf Twitter schrieb sie: „Eine Studie, die behauptet, dass das Coronavirus von Menschen ohne Symptome übertragen werden kann, war falsch.“

Direktor des WHO-Nothilfekomitees, Dr. Michael Ryan, der sich auch zum Bericht über die Corona-Chronologie äußerte, sprach indes von einem Mythos. Und Maria van Kerkhove, Mitglied des WHO-Nothilfekomitees, sagte, dass man sich nicht sorgen müsse. Es passiere selten, sei aber möglich. 

Im Lauf der Zeit kamen immer mehr Wissenschaftler zu den gleichen Ergebnissen wie das Forschungsteam aus München

Die Frage, ob und inwiefern sich die Ausbreitung des Coronavirus hätte schneller eindämmen lassen, hätte man schon im Januar Maßnahmen aufgrund der Ergebnisse des Münchner Forschungsteams ergriffen, lässt sich rückblickend nur vermuten. Indes macht eine Studie auf die Auswirkungen von Großveranstaltungen in Corona-Zeiten aufmerksam. 

Nach fast neun Monaten lässt sich eine Corona-Bilanz ziehen. So tödlich ist das Coronavirus in Deutschland, Europa und weltweit.

Gleichzeitig überrascht TV-Professor Lesch mit einer klaren Forderung bezüglich des Verhaltens in Corona-Zeiten an die Bundesregierung.(mbr) 

*Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks

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