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Infektionsherd Ischgl: Corona-Studie zeigt Antikörper bei über 40 Prozent der Bevölkerung

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Das österreichische Ski-Mekka Ischgl gilt als eine der Corona-Hochburgen. Eine Studie zeigt jetzt: Über 40 Prozent der Bürger in Ischgl haben Antikörper im Blut.

Update vom 25.06.2020, 15.45 Uhr: Fast wäre er in Vergessenheit geraten, der Massenausbruch des Coronavirus Sars-CoV-2 im österreichischen Ski-Mekka Ischgl. Eine Studie der Medizinischen Universität Innsbruck hat jetzt jedoch enthüllt: Über 40 Prozent der Bevölkerung in Ischgl hat Antikörper gegen Corona im Blut. 

Heißt übersetzt, dass über 40 Prozent der IschglerInnen bereits mit dem Coronavirus infiziert waren. An der Studie der Medizinischen Universität Innsbruck nahmen 79 Prozent der Bürger von Ischgl teil, 42,4 Prozent der Teilnehmer haben Antikörper gegen Sars-CoV-2 im Blut. Der eigentliche Test hatte Ende April stattgefunden. 

Studie zu Ischgl: Über 40 Prozent haben Antikörper gegen Corona im Blut

„Es handelt sich hier um eine Leuchtturmstudie mit dankenswert sehr hoher Beteiligung der Ischgler Bevölkerung. Die Erkenntnisse werden dabei helfen, zukünftige Untersuchungen besser planen zu können und die Anwendung von Antikörpertests noch sicherer zu machen“, erklärte der Rektor der Medizinischen Universität Innsbruck, W. Wolfgang Fleischhacker.  

Die 42,2 Prozent sei die höchste, je in einer Studie nachgewiesene Seroprävalenz, betonte Virologin Dorothee von Laer. Die Studie war unter ihrer Leitung ausgeführt worden. Unter Seroprävalenz versteht man die Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper, die in einer Population zu einem bestimmten Zeitpunkt auf eine bestehende oder durchgestandene Infektionskrankheit hinweisen.

Corona in Ischgl: Antikörper im Blut - Studie liefert wichtige Erkenntnisse

Peter Willeit, Epidemiologe an der Innsbrucker Universitäts-Klinik der Neurologie, hob die Wichtigkeit der Studie hervor: „In keiner anderen Studie hatte ein so hoher Prozentsatz an StudienteilnehmerInnen Antikörper gegen Sars-CoV-2 im Blut [...] Besonders interessant an den Ergebnissen der Studie in Ischgl ist, dass ein Großteil der Personen mit Antikörpern erst durch die Studie als Coronafälle identifiziert wurde. Das unterstreicht, wie wichtig die Durchführung von Antikörper-Studien ist.“ 

Neben der nackten Zahl der Corona-Immunen konnten in der Studie auch vorsichtige Rückschlüsse auf den Infektionsverlauf erhoben werden. Ein Großteil der IschglerInnen, die Antikörper gegen Corona im Blut haben, habe von Geschmacks- und Geruchsstörungen, später Fieber und Husten berichtet. 

Coronavirus in Ischgl: Urlauberin warnte vor Corona-Chaos - Von Behörden vertuscht?

Update vom 05.04.2020, 13.51 Uhr: Die Zeichen verdichten sich immer mehr, dass der erste Corona-Fall im österreichischen Skigebiet Ischgl vertuscht wurde. Wie jetzt eine niederländische Touristin gegenüber „t-online.de“ berichtet, hatte sie nach Ischgl eindringliche Warnungen ob des Coronavirus geschickt. 

Die Niederländerin, die namentlich nicht genannt werden möchte, hatte demnach ihren eigenen Urlaub in Ischgl aufgrund der Corona-Pandemie kurzfristig abgesagt. Sie schreibt Mails an den Tourismusverband in Ischgl. Schließlich gibt es in Island zu diesem Zeitpunkt zehn bestätigte Corona-Fälle, die allesamt kurz zuvor in Ischgl waren. 

Doch der Tourismusverband blockt ab. Die Touristen aus Island hätten sich im Flieger angesteckt. „Wir sind schockiert davon, wie ignorant die Tourismusbüros von Tirol und Ischgl waren“, berichtet die Niederländerin „t-online.de“. Den ganzen Verlauf belegt sie mit E-Mail-Verläufen. Tirols Landeshauptmann Günter Platter hat inzwischen erklärt, den E-Mails werde wie vielen neuen Informationen nachgegangen. Der Fall Ischgl spitzt sich immer weiter zu. 

Unterdessen erklärt eine mehrfach mit Preisen ausgezeichnete Chemikerin, warum die Corona-Krise in Deutschland erst am Anfang ist und wann sie vermutlich endet.

Coronavirus in Ischgl: Erster Corona-Fall wurde offenbar vertuscht

Update vom 02.04.2020, 15.31 Uhr: Obwohl die Corona-Krise bereits am Kochen war, liefen die Ski-Lifte in Ischgl bis Mitte März noch auf Hochtouren. Mittlerweile ist klar, dass sich zu diesem Zeitpunkt schon einige Menschen mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 infiziert hatten. 

Tiroler Behörden betonen immer wieder, dass ein deutscher Barmann im „Kitzloch“ der erste bestätigte Corona-Fall in der Gegend war. Der Barkeeper war am 7. März positiv auf das Virus getestet worden. 

Coronavirus in Ischgl: Erster Corona-Fall wurde offenbar vertuscht - Drama begann schon viel früher

Franz Allerberger von der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) erklärte jedoch am Donnerstag in Wien, dass sich das Coronavirus laut einem Experten schon seit Anfang Februar im Ski-Mekka Ischgl ausgebreitet hat. Demnach gelte eine Schweizerin als Patient Null. Sie selbst habe sich am 5. Februar mit dem Virus infiziert und dieses dann mit nach Tirol gebracht. Der positive Test auf Corona erfolgte jedoch erst viel später. 

Einige der an Covid-19 Erkrankten sollen sich im österreichischen Skigebiet Ischgl mit dem Coronavirus infiziert haben.
Einige der an Covid-19 Erkrankten sollen sich im österreichischen Skigebiet Ischgl mit dem Coronavirus infiziert haben. © Felix Hörhager / dpa

Die Schweizerin hatte in einem Après-Ski-Lokal in Ischgl gearbeitet. Der deutsche Barkeeper habe fälschlicherweise die Rolle des angeblichen Weiterverbreiters „umgehängt bekommen“, betonte Allerberger. 

Unterdessen ermittelt die Staatsanwaltschaft zu dem Verdacht, dass der positive Test auf das Coronavirus einer Mitarbeiterin eines Lokals in Ischgl Ende Februar nicht den Behörden gemeldet wurde.

Coronavirus (Covid-19) in Ischgl: Wurde der erste Corona-Fall vertuscht? - Schlimmer Verdacht

Update vom 24.03.2020, 08.31 Uhr: Die Corona-Fälle im österreichischen Ischgl häufen sich. Jetzt hat das Land Tirol aufgrund eines Verdachtsfalls von Coronavirus Sars-CoV-2 in Ischgl die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. So soll in einem Betrieb schon Ende Februar ein positiver Covid-19-Fall bekannt gewesen sein. Dieser habe den Fall jedoch nicht bei der Gesundheitsbehörde gemeldet, wie das „ZDF“ berichtet. Der Name des Betriebs wird nicht genannt.

Das österreichische Nachrichtenportal „oe24.at“ berichtet, dass die betroffene Mitarbeiterin Ende Februar nach Hause geschickt wurde. Zunächst sei unklar gewesen, ob es sich auch tatsächlich um einen positiven Covid-19-Fall handelt. Offen blieb auch, ob bereits Ermittlungen eingeleitet wurden. 

Das Land Tirol hatte schon vorher ordentlich Kritik einstecken müssen. Behörden und Politikern wurde vorgeworfen, auf die Entwicklungen in Ischgl zu spät reagiert zu haben. 

Coronavirus (Covid-19) in Ischgl: Ski-Mekka wird zum Corona-Infektionsherd 

Update vom 18.03.2020, 22.55 Uhr: Nach der drastischen Häufung von Coronavirusfällen im Skiort Ischgl in Tirol wird nun das gesamte österreichische Bundesland ab Mitternacht unter Quarantäne gestellt. 

„Wir erlassen Quarantäneverordnungen für alle 279 Tiroler Gemeinden. Das bedeutet: Die Gemeinde darf nur dann verlassen werden, wenn es um die Deckung der Grundversorgung geht, um die Daseinsvorsorge oder um zur Arbeit zu kommen - und dann nur zum nächstgelegenen Ort“, teilte Tirols Landeschef Günther Platter am Abend via Facebook mit. „Sofern es einen Arzt, eine Apotheke, einen Lebensmittelhandel und eine Bank im Ort gibt, darf die Gemeinde für diese Zwecke nicht verlassen werden.“

Coronavirus in Ischgl: Tirol will sich von Nachbarn isolieren

Tirol will sich außerdem noch stärker von seinen Nachbarn isolieren: „Das heißt, dass nur jene nach Tirol einreisen können, die in Tirol zu Hause sind oder in der kritischen Infrastruktur oder Versorgung arbeiten“, schrieb Platter bei Facebook. „Dass sich Tirol selbst isoliert, ist absolut notwendig. Weil wir verhindern wollen, dass einerseits das Virus von Tirol aus weiterverbreitet wird und wir uns andererseits auch zusätzlich schützen können.“

Diese drastischen Maßnahmen kommen sehr spät. In Tirol wurden bisher 474 bestätigte Fälle von Sars-CoV-2-Infektionen gezählt - mehr als in jedem anderen österreichischen Bundesland. Nicht wenige Touristen in dem Skigebiet von Ischgl haben das Coronavirus mit in ihre Heimatländer gebracht.

Erstmeldung vom 17.03.2020, 14.11 Uhr: Ischgl - Nicht der Gärtner war es, auch nicht der Postbote. Nein, ein Barkeeper soll das Coronavirus* in Ischgl, dem österreichischen Ski-Mekka, an andere Menschen übertragen haben. Laut dem österreichischen "Standard" wurden in zahlreichen Ländern Ischgl-Urlauber positiv auf das Coronavirus Sars-CoV-2* getestet. Allein in Dänemark sollen es über 100 sein, in Hamburg 80. Damit hat sich Ischgl zur heimlichen Corona-Brutstätte Europas entwickelt. Die österreichischen Behörden griffen viel zu spät zu Quarantäne-Maßnahmen. 

Coronavirus in Ischgl: Einige erkranken an Covid-19 in Tirol - Behörden reagieren zu spät

Ende Februar, genauer gesagt am 29. des Monats landete in Island eine Boeing 757 aus München. Als die isländischen Behörden die Fluggäste auf das Coronavirus* testete, war klar: Einige von ihnen waren an Covid-19 erkrankt - die meisten kamen aus Ischgl. Während Island sofort reagierte und das Skigebiet in Tirol zum Risikogebiet erklärte, taten die österreichischen Behörden zunächst: nichts. 

Stattdessen nahm der Skibetrieb weiter seinen Lauf. Erst eine Woche nach der Rückkehr der isländischen Reisegruppe meldete Ischgl den ersten offiziellen Corona-Fall. Der Erkrankte ist ein 36-jähriger Deutscher, Barkeeper im "Kitzloch", einer beliebten Bar direkt an einer Talstation. Wie er sich ansteckte, ist nicht bekannt. Auf der Facebook-Seite des Landes Tirol hieß es zu diesem Zeitpunkt nur: "Für alle BesucherInnen, die im besagten Zeitraum in der Bar waren und KEINE Symptome aufweisen, ist keine weitere medizinische Abklärung nötig." Doch es kam anders.

Einige der an Covid-19 Erkrankten sollen sich im österreichischen Skigebiet Ischgl mit dem Coronavirus infiziert haben.
Einige der an Covid-19 Erkrankten sollen sich im österreichischen Skigebiet Ischgl mit dem Coronavirus infiziert haben. © Felix Hörhager / dpa

Bars in Ischgl wegen Coronavirus (Covid-19) geschlossen - „Après-Ski eine Virenschleuder“

Im Umfeld des Barkeepers erkrankten weitere Menschen. Erst am 10. März wurden die Après-Ski-Bars in Ischgl geschlossen. Am 14. März riefen Österreichs Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Innenminister Karl Nehammer alle Personen, die sich seit dem 28. Februar in besagten Gebieten aufgehalten haben, dazu auf, sich "in häusliche Selbstisolation zu begeben". 

Das deutsche Robert-Koch-Institut erklärte schon einen Tag vorher Tirol zum Risikogebiet. Erst am Montag, den 16. März, stoppte der Liftbetrieb in Ischgl. Noch am Wochenende zuvor waren zahlreiche Menschen auf den Pisten. Dabei hatte der Tiroler Virologe Robert Zangerle schon Tage vorher beim österreichischen "Standard" gewarnt: "Après-Ski ist eine Virenschleuder." Schließlich stünden viele Menschen auf sehr engem Raum zusammen. 

„Gier hat Verantwortung besiegt“: Ischgl wird zur Coronavirus-Brutstätte

Eine Warnung, die bei den österreichischen Behörden offenbar nicht ankam. Der "Standard" schrieb dazu: "Die Gier hat die Verantwortung für die Gesundheit der Bürger und Gäste besiegt." Man habe die letzte "starke Touristenwoche" noch mitnehmen wollen. Von Tiroler Seite heißt es, dass Ansteckungen in Tirol "aus medizinischer Sicht wenig wahrscheinlich" seien. Stattdessen hätten sich die Österreicher erst im Flieger bei einem kranken Italien-Rückkehrer angesteckt. 

So weist Tirol die Medien-Kritik in Bezug auf den Umgang mit dem Coronavirus in Ischgl vehement zurück. "Wir haben immer genau zu dem Zeitpunkt, wo gesicherte Informationen vorlagen, Schritte gesetzt", betonte ein Sprecher der Tiroler Landesregierung. Mehr noch: Nur durch die Eigeninitiative der Behörden sei es überhaupt gelungen, besagte Bar als möglichen Verbreitungsort des Coronavirus zu identifizieren. 

Ischgl die Brutstätte des Coronavirus (Covid-19) in Europa? Tirol wehrt sich

Der Tiroler Gesundheitsminister Bernhard Tilg erklärte in einer Stellungnahme am Montag (16.03.), dass man direkt nach Bekanntwerden der positiven Tests der isländischen Gäste alle Mitarbeiter des betreffenden Hotels ebenfalls getestet habe. Keiner von ihnen war an Covid-19 erkrankt. Nach dem positiven Test des 36-jährigen Barkeepers aus Deutschland sei die Bar umgehend geschlossen worden - wenig später auch alle anderen Ski-Bars. 

Einige der an Covid-19 Erkrankten sollen sich im österreichischen Skigebiet Ischgl mit dem Coronavirus infiziert haben.
Einige der an Covid-19 Erkrankten sollen sich im österreichischen Skigebiet Ischgl mit dem Coronavirus infiziert haben. © Jakob Gruber / dpa

Am 13. März sei die Wintersaison vorzeitig beendet und Ischgl sowie das gesamte Paznauntal zur Sperrzone erklärt worden. Jetzt, wenige Tage später, gilt Tirol als eines der größten Corona-Risikogebiete. Ausgegangen war alles von einem Barkeeper - und Behörden, die offenbar zu spät reagierten.

In Deutschland diskutiert man aufgrund der Coronavirus-Epidemie immer lauter über eine mögliche Ausgangssperre. Bundeskanzlerin Angela Merkel wendet sich am Mittwochabend in einer TV-Ansprache an die Nation. 

mit dpa

„Strukturlos und unkoordiniert“ – eine Corona-Verdachtspatientin aus Seligenstadt berichtet von ihren schlechten Erfahrungen im Testcenter der Uniklinik Frankfurt*.

Wegen des Coronavirus könnte Deutschland bald eine Ausgangssperre verhängen. Wird es Ausnahmen geben? Was, wenn man dagegen verstößt? Alles, was wichtig ist. Zudem klärt die WHO auf: Alkohol trinken gegen das Coronavirus hilft nicht. 

Unterdessen liefert ein Fall in Japan den Beweis. Das Coronavirus kann eine Hirnhautentzündung auslösen.

Nachdem das Virus in dem bei Urlaubsgästen beliebten St. Wolfgang in Österreich ausgebrochen ist*, befürchten viele, dass die kleine Stadt das zweite Ischgl werden könnte.

*fr.de und op-online.de sind Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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