1. Startseite
  2. Deutschland

Nach Wirbel um Corona-Forschung von Drosten: Stecken sich Kinder seltener mit Virus an? Studie klärt auf

KommentareDrucken

Virologe Christian Drosten hat über die Corona-Infektionszahlen bei Kindern gesprochen - und sich auch zu Kritik geäußert. Nun gibt es eine weitere Studie aus den Niederlanden.

Update vom 8. Juni: Laut einer neuen niederländischen Studie stecken sich Kinder unter zwölf Jahren deutlich seltener mit dem Virus an als Teenager oder Erwachsene. Außerdem entwickelten sie deutlich seltener Krankheits-Symptome.

Das stützt die Theorie, dass das Immunsystem von Kindern Sars-CoV-2 besser bekämpfen kann als das von Erwachsenen. Aber das klärt noch nicht die Frage, ob und in welchem Ausmaß infizierte Kinder ihre Großeltern oder Lehrer anstecken können.

Die niederländische Studie bestätigt das Ergebnis der Arbeit von Christian Drosten in Bezug auf die Virenmengen. Doch sie wertete zudem 700 Infektionswege aus. Das Ergebnis: Nur elf der 700 Infizierten steckten sich bei Kindern oder jungen Erwachsenen an. Fünf der elf Infizierten waren 17 Jahre alt und arbeiteten im Gesundheitswesen. Das Fazit der Forscher: „Derzeit gibt es keine Hinweise darauf, dass Kinder eine wichtige Rolle bei Covid-19-Fällen spielen.“

Allerdings wurden die niederländischen Daten erhoben, als die meisten Schulen dort schon geschlossen waren. Nach der jüngsten Ansteckungswelle in Israels Schulen stellen sich hier auch für die Wissenschaft neue Fragen: Dort infizierten sich einen Monat nach der Wiedereröffnung der Schulen 347 Kinder und Lehrer.

Drosten überarbeitet seine Corona-Studie - und attackiert Kritiker: „Das ist blanker Unsinn“

Update vom 4. Juni 2020: Christian Drostens Studie zum Corona-Infektionsrisiko bei Kindern hat viel Wirbel ausgelöst. Der Fokus der Kritik lag auf den statistischen Methoden der Arbeit. Mittlerweile wurde die Studie überarbeitet. 

Drosten erklärt in der aktuellen Ausgabe des NDR-Podcasts (Folge 46: Update bestätigt Viruslast-Studie), dass die Auswertung der Ergebnisse mit zwei unterschiedlichen Maschinen erfolgte - die zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingesetzt wurden. 

Coronavirus: Drosten-Studie überarbeitet - Kernargumentation hat jedoch weiterhin Bestand

Die erste Testreihe wurde besonders in der Anfangsphase der Corona-Krise verwendet, als Tests vermehrt aus dem ambulanten Patientenbereich zur Verfügung gestellt wurden und die Virenlast im Rachen somit in der Regel höher war. Dadurch ergaben sich weniger Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen als in der zweiten Testreihe. In dieser wurde vermehrt auf Proben von Kindern gesetzt, die bereits im Krankenhaus lagen und sich daher womöglich in einem späteren Stadium der Krankheit befanden. Tests von Erwachsenen kamen hingegen weiterhin auch aus der ersten Testreihe. 

„In der Nachanalyse haben wir beide Maschinen getrennt betrachtet“, erzählt Drosten. Im ersten Fall seien die Ergebnisse letztlich „realistischer“, weil beide Erhebungen der Viruslast  - die von Kindern und Erwachsen - eben aus demselben Stadium kommen. Der Virologe bleibt daher auch im Kern bei seiner Argumentation, dass die Viruslast bei Kindern  womöglich nicht wesentlich anders als die von erwachsenen Personen ist. Diese Auffassung habe „unverändert und geschärft“ Bestand. Gleichzeitig passt der Virologe der Berliner Charité aber seine Interpretation an.

Coronavirus: Christian Drosten über Kritik - „Das ist natürlich blanker Unsinn“

Drosten gibt nun „eine Empfehlung zur engmaschigen Überwachung der Situation“ in den Schulen und Kitas. Im April hatte er von einer vollständigen Öffnung der Schulen abgeraten. Diese Aussagen seien aber keinesfalls als „Politikberatung“ zu bewerten, sondern als „Teil der wissenschaftlichen Arbeit.“

In diesem Punkt fühlt sich der 48-Jährige letztlich missverstanden: „Das ist ja auch das, was in der jetzigen Mediendiskussion gerade in den letzten zehn Tagen von einigen Zeitungen komplett falsch verstanden wurde. Da stand dann ja am Ende sogar drin, dass die Regierung diese Studie genommen hätte, um ihre Entscheidungen zu treffen. Das ist natürlich blanker Unsinn. Das ist auf keinem Fall so und so läuft das einfach nicht.“

Bezüglich der Kritik betont der Virologe: „Hätte es irgendwo auch nur ein Indiz gegeben, dass diese Studie falsch ist, hätte ich sie sofort von unserer Homepage genommen und auch öffentlich erklärt, dass ich hiermit diese Studie zurücknehme. Aber dafür hat es nie einen Grund gegeben.“

Drosten besorgt über Corona-Entwicklung bei Kindern: „Was wir in der jüngeren Zeit sehen ...“

Erstmeldung vom 3. Juni 2020: Berlin - Trotz der Lockerungen bleiben die Corona-Neuinfektionszahlen stabil. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus in Deutschland wirken laut Corona-Experte Christian Drosten. Das liege an mehreren Effekten, sagt der Virologe im NDR-Podcast (Folge 45. „Abstandsgebot auch draußen ernst nehmen“). Die Inzidenz - also wie viele Menschen in einem bestimmten Zeitraum neu erkranken -  sei sehr gering. Es sei in Deutschland unter anderem hervorragend gelungen, das Infektionsgeschehen herunterzubremsen. 

Auch gäbe es neue Erkenntnisse, wie beispielsweise, dass sich das Coronavirus bei großen Menschenansammlungen vor allem drinnen, wegen der Aerosole-Komponente verbreitet würde. Das Abstandsgebot sei daher weiterhin ernstzunehmen.

Corona-Infektionen in Deutschland: Drosten besorgt über Zahlen bei Kindern und Jugendl 

Beim Thema Infektion bereiten Drosten die Corona-Entwicklungen bei Kindern jedoch Sorgen, wie er im NDR-Podcast sagt. Bei der Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen zeigte sich nämlich ein starker Anstieg der Corona-Infektionen zu Beginn des Lockdowns. 

Anfangs hätten sich in Deutschland besonders Menschen im Alter von 30 bis 60 Jahren mit dem Virus infiziert. Daraufhin seien besonders die Älteren betroffen gewesen. Es gab viele Corona-Ausbrüche in Alters- und Pflegeheimen.

„Was wir aber jetzt in der jüngeren Zeit sehen, ist eine Zunahme in der Alterskohorte 20 bis 29 und 10 bis 19. Und wenn man genau hinguckt: Auch null bis neun“, sagt Drosten. Der Virologe verweist auf den RKI-Situationsbericht vom 1. Juni und insbesondere die Abbildung sechs. 

Der Virologe betont, dass die Situationsberichte des Robert Koch-Instituts für ein Fachpublikum gedacht sind, für Ärzte und Gesundheitsämter veröffentlicht würden. Doch versucht Drosten Zahlen, Statistik und Zusammenhänge zu erklären.

In einem Situationsbericht vom 26. Mai habe das RKI das Corona-Infektionsgeschehen in der Bevölkerung nach Alter nochmal anders dargestellt, und zwar nach Meldewochen (Abbildung sieben). Die Grafik zeigt die Entwicklung der Altersgruppen zwischen der Kalenderwoche 10 (2. bis 8. März 2020) und der 21 Kalenderwoche (18. bis 24. Mai 2020).

Corona in Deutschland: Virologe Drosten beobachtet „Diffusions-Phänomene“ bei Kindern

Ein besonderes Augenmerk richtet Drosten auf die Altersgruppe null bis neun Jahre sowie zehn bis 19 Jahre in der Kalenderwoche zwölf bis 21. „Die verdoppeln sich fast in der Zeit“, so Drosten. Auch die jüngeren Kinder würden diese Verdopplung vollkommen mitmachen. 

RKI Situationsbericht vom 26. Mai Abbildung sieben.
RKI Situationsbericht vom 26. Mai Abbildung sieben. © RKI Grafik

„Das sieht fast so aus, als würden die sogar ein bisschen überproportional ansteigen zwischen null und neun Jahren. Das ist deswegen denkwürdig, weil diese Zeit, über die wir hier gerade sprechen, im Wesentlichen die Zeit ist, in der relativ bald die Schulen geschlossen wurden“, sagt Drosten. 

Es handle sich um sogenannte „Diffusions-Phänomene“ mit Christian Drosten. Auch in Haushalten könnten sich Kinder infizieren. Trotz Schulschließung sei bei Kindern die Infektion weiterhin angestiegen.

„Wir öffnen sie jetzt zwar mit einer niedrigen Grund-Inzidenz, aber doch mit einer verschobenen Situation bei den Kindern“, betont Drosten. Für die Schulöffnung sei es seiner Meinung nach wichtig, das im Hinterkopf zu bewahren. Auch bei der Bewertung der Fallzahlen, wenn Kitas und Schulen geöffnet würden.

Corona-Infektiosität von Kindern - Drosten bleibt bei These zu seiner Studie 

Die Infektiosität von Kindern ist Thema einer Studie von dem Virologen Christian Drosten. Ein erster Entwurf der Untersuchung war Ende April veröffentlicht worden und sorgte für Wirbel. Es gab auch Kritik

Jetzt hat das Team um Drosten eine überarbeitete und erweiterte Fassung publiziert. Dabei hält Drosten an seiner These fest, dass Kinder das Virus ähnlich verbreiten wie Erwachsene. Es gebe keine Hinweise darauf, dass Kinder womöglich nicht so ansteckend seien wie Erwachsene, heißt es in der von der Berliner Charité veröffentlichten Arbeit.

Corona in Deutschland: Virologe Drosten empfiehlt bei Schulen und Kitas Vorsicht

Der nun veröffentlichte 28-seitige Text ist immer noch ein sogenanntes Preprint, das noch nicht zur Veröffentlichung in einem wissenschaftlichen Fachmagazin ansteht, sondern wie üblich wissenschaftlich diskutiert werden muss.

Drosten gilt als einer der wichtigsten wissenschaftlichen Berater der Bundesregierung bei den Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie. Die Aussage zur Infektiosität von Kindern könnte Folgen für die Frage haben, in welchem Umfang Kinder in kommender Zeit in Kitas und Schulen gehen können. In der Publikation heißt es, es würden „Vorsicht und sorgfältige Überwachung“ bei der Aufhebung der derzeitigen Einschränkungen empfohlen.

Mit fundierten Expertenmeinungen hat sich Christian Drosten seit Ausbruch der Corona-Pandemie einen Namen gemacht. Darunter hat der Corona-Virologe mittlerweile auch zu leiden - was auch Kollegen mitzuverantworten haben. Christian Drosten wurde für seine Lockdown-Vorschläge massiv kritisiert. Eine neue Studie scheint Drostens Position nun zu verteidigen - nennt aber absurd hohe Todeszahlen. 

Virologe Drosten ist derzeit erleichtert, dass die Corona-Pandemie in Deutschland bisher recht glimpflich ablief. Doch er hat auch eine Befürchtung, die selbst ihm Angst macht

Eine Untersuchung zur Wirkung des Corona-Lockdowns kommt indes zu einem überraschenden Ergebnis.

Jürgen Klopp steht Drosten nun im Bild-Zoff zur Seite und regt sich fürchterlich über den Umgang mit dem Wissenschafter auf. Derweil gibt es Ärger in einer Bäckerei: Wegen der Corona-Maskenpflicht.

Eine neue Studie lässt vermuten, dass eine bestimmte Blutgruppe besonders Corona-gefährdet ist.

ml 

*Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

Auch interessant

Kommentare