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Coronavirus schürt Verschwörungstheorien: Kommen die Erreger aus dem Labor?

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Wegen der vielen Unbekannten rund um das Coronavirus haben Verschwörungstheorien rund um die Lungenerkrankung Hochkunjunktur. Sogar Bill Gates soll profitieren.

München - Das Coronavirus sorgt nicht nur in China, sondern mittlerweile weltweit für Verunsicherung. Mittlerweile sind die ersten Erkrankungen auch in Deutschland* bestätigt. Dennoch ist weiterhin vieles rund um das Virus unbekannt oder noch nicht komplett bestätigt. Diese Unsicherheit bildet nun den perfekten Nährboden für Verschwörungstheorien, die sich mittlerweile rund um das Coronavirus ranken. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn warnte bereits vor solchen Un- oder Halbwahrheiten: „Das einzige, was mich wirklich beunruhigt, sind Verschwörungstheorien aller Art“, so Spahn. 

Verantwortlich dafür sind oft Theorien oder vermeintliche Fakten, die von unbestätigten Quellen im Internet verbreitet werden. Aber auch Falschmeldungen oder aus dem Kontext gerissene Bericht-Teile, etwa aus chinesischen Medien, tragen ihren Teil bei.

Verschwörungstheorien um Coronavirus: Was bislang bekannt ist

Gleich vorab die aktuelle Faktenlage zum Coronavirus: Der Erreger des Coronavirus ist eng verwandt mit dem Sars-Erreger, der 2002 und 2003 eine Pandemie ausgelöst hatte. Die Inkubationszeit des neuen Coronavirus hinter der Lungenkrankheit in China ist meist etwa zehn Tage. Wie der Direktor der nationalen Gesundheitskommission, Ma Xiaowei, am Sonntag in Peking berichtete, sei die kürzeste registrierte Zeitspanne aber auch nur ein Tag gewesen - die längste 14 Tage. Die Infizierten seien in dieser Zeit bereits ansteckend, auch wenn noch keine Symptome erkennbar seien*. Das unterscheide die neue Variante des Coronavirus von dem eng verwandten Sars-Erreger, der die Pandemie 2002/2003 ausgelöst hatte.

Bis jetzt wird davon ausgegangen, dass das neue Coronavirus sich von einem Wildtiermarkt in der chinesischen Metropole Wuhan aus verbreitet hat. Dieser wurde Anfang des Jahres geschlossen. Allerdings gibt es für diese Theorie keinen Nachweis. Und genau hier setzen viele Verschwörungstheorien an.

Verschwörungstheorie zum Coronavirus im Labor entwickelt und dann ausgesetzt?

Im Internet auffindbare Patente auf Coronaviren führen etwa dazu, dass im Netz vielfach die Mutmaßung kursiert, dass das aktuell um sich greifende Virus in Laboren entwickelt. Das Virus sei dann ausgesetzt worden, um Impfungen zu vermarkten, wird die Theorie weitergesponnen. 

Wie die Tagesschau berichtet würden tatsächlich Patente auf Gensequenzen des Coronavirus existieren. Allerdings muss man sich den Begriff Coronavirus wie einen Überbegriff vorstellen, unter dem viele Virus-Varianten zusammengefasst werden - auch der nun neue Erreger 2019-nCoV. Für diese Variante existiert dem Bericht nach kein Patent. Wiederum wahr ist, dass mit Typen des Coronavirus etwa seit der Sars-Pandemie experimentiert werde, um an Impfstoffen gegen den Erreger zu forschen. Für den aktuellen Erreger gibt es aber noch keinen Impfstoff.

Verschwörungstheorie zum Coronavirus: Stammt es aus chinesischem Virus-Labor?

Wiederum eine andere Quelle für die Theorie, das das aktuelle Coronavirus aus dem Labor stamme, stützt sich auf die Tatsache, dass sich das nationale Labor für Biosicherheit Chinas just in Wuhan befindet. Also genau in der Stadt, von wo aus der Virus um sich griff. Mehr als die Tatsache, dass dieses Labor sich in Wuhan befindet und 2015 dort eingeweiht wurde, bieten die Verschwörungstheoretiker allerdings nicht an. Wie die Tagesschau aufklärt, ist das Labor in Wuhan tatsächlich die einzige chinesische Einrichtung dieser Art, in der mit Biostoffen der höchsten Risikogruppe gearbeitet werde. Dazu würden etwa Erreger von Ebola, Pocken und Sars zählen. 

Verschwörungstheorie zum Coronavirus: Profitiert Bill Gates von dem Ausbruch?

Eine weitere sehr reißerische Verschwörungstheorie holt Microsoft-Gründer Bill Gates ins Boot und strickt eine Verschwörung der Impfindustrie. Dahinter steckt die Tatsache, dass ein Coronavirus-Patent von einem Institut gehalten wird, das von der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung unterstützt wird, wie wiederum die Tagesschau berichtet. Bill Gates würde nun von dem Virus-Ausbruch profitieren. Wirkliche Beweise für diese wilden Behauptungen legen die Verfasser der Theorien im Netz allerdings ihrerseits nicht vor.

Verschwörungstheorie zum Coronavirus: Youtube-Video mit vielen Un- und Halbwahrheiten

Allerdings ranken sich weitere Verschwörungstheorien um das Virus, die nicht über dessen Herkunft, sondern seine Eigenschaften berichten*. Im Fokus steht dabei in Deutschland ein hunderttausendfach geklicktes Youtube-Video. Dieses spricht von Informationen, die zurückgehalten würden und stellt selbst Behauptungen auf, die nicht belegt werden. So sei das Virus wesentlich schlimmer als zugegeben werde. Zudem sollen Flüssigkeiten das Virus verstärken. 

Letzterem widerspricht etwa Virologie-Professor Hartmut Hengel gegenüber der Tagesschau. Zwar werde der Coronavirus via Tröpfcheninfektion übertragen. Allerdings könnten Flüssigkeiten die Wirkkraft eines Virus nicht steigern. Ähnlich klar widerlegte auch ein österreichischer Faktenchecker weitere vermeintliche Wahrheiten aus dem Video, wie chip.de berichtet. Insgesamt finden sich in dem Video etliche Halbwahrheiten, die nicht belegt werden können, sowie viele von Experten widerlegte Behauptungen.

Doch auch darüber, wo bereits Coronavirus-Fälle aufgetreten sind, gibt es mittlerweile Falschmeldungen. So hatten Unbekannte in Passau über die Social-Media-App „Jodel“ das Bild eines vermeintlichen SZ-Artikels verbreitet. Darin war ein Coronavirus-Fall an der Uni in Passau bestätigt worden. Die Meldung existierte aber überhaupt nicht. Dennoch sorgte der Post für Verwirrung. Das Gesundheitsamt Passau bestätigte gegenüber dem BR mittlerweile, dass es sich um eine Falschmeldung gehandelt hatte. Zudem wird darauf hingewiesen, dass solche Posts strafrechtliche Konsequenzen haben könnten.

Wegen einer möglichen Coronavirus-Infektion sitzen Tausende Menschen

auf einem Kreuzfahrtschiff vor Italiens Küste fest.

Die chinesische Regierung sieht sich unterdessen wegen Mängel im Umgang und anfänglicher Vertuschung im Zusammenhang mit dem Coronavirus unter Beschuss. Nach dem Tod eines Arztes, der schon im Dezember gewarnt hatte, startet China nun eine Untersuchung zum Coronavirus-Krisenmanagement gestartet.

In Rosenheim wurde eine Schule für zwei Tage geschlossen. Grund: In manchen Klassen waren die Hälfte aller Schüler krank. Schnell gab es Gerüchte: Ist es das Coronavirus? In Europa verschärft sich die Lage. Die EU-Gesundheitsminister treffen sich am Dienstag in Rom zu einer Krisensitzung. Die Frage bleibt: Ist Deutschland auf den Ernstfall vorbereitet?

rjs mit dpa

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