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Corona in der Schweiz: Alle Intensivbetten belegt - Höchste Positiv-Rate bei Corona-Tests

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In der Schweiz sind die Intensivstationen vor dem Corona-Kollaps. Die Betten in den Krankenhäusern werden knapp. Jetzt droht Triage.

Update vom 20. November, 14.32 Uhr: Die Schweiz weist die höchste Positiv-Rate bei Corona-Tests auf. Das ermittelt ein an die Uni Oxford angeschlossenes Datenportal:

Während in Deutschland knapp zehn Prozent aller Tests positiv ausfallen, liefern in der Schweiz fast ein Viertel aller durchgeführten Tests positive Ergebnisse. Dies könnte auf eine hohe Dunkelziffer hindeuten. Von einer Entspannung scheint die Lage in der Schweiz noch weit entfernt.

Virologin Isabella Eckerle bedauert die aktuelle Lage besonders, weil sie sich lange angekündigt habe - ohne dass entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen wurden. „Wir diskutieren viel zu wenig, wie viel Trauma und Burnout wir dem Intensivpersonal zumuten - unnötigerweise“, schrieb sie auf Twitter.

Corona in der Schweiz: Alle Intensivbetten belegt - nun sollen Soldaten helfen

Update vom 19. November, 11.59 Uhr: In der Schweiz sind wegen Corona aktuell alle Intensivbetten belegt (siehe Ursprungsmeldung vom 18. November) . Nun sollen in dem Land Soldaten den überlasteten Kliniken helfen. Sie könnten die Krankenhäuser bis Ende März 2021 logistisch und bei der Kontaktverfolgung unterstützen, sagte die schweizerische Verteidigungsministerin Viola Amherd am Mittwoch.

Der am schwersten von der Pandemie betroffene Kanton Genf hatte am Mittwoch zusätzliche Unterstützung für die Krankenhäuser angefordert. Der Rettungssanitäter Eric Golay sagte der Nachrichtenagentur ATS, es sei nicht mehr möglich, mit den vielen Notrufen Schritt zu halten.

Wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen kündigte die Regierung in Bern eine Verdopplung der Hilfen für Unternehmen auf eine Milliarde Franken (etwa 925 Millionen Euro) an.

Ein Krankenwagen fährt in die Einfahrt eines Krankenhauses in Bern in der Schweiz.
An einem Krankenhaus in Bern: Wegen rasant steigender Corona-Infektionszahlen schrillen in der Schweiz die Alarmglocken. © Anthony Anex/KEYSTONE/dpa

Coronavirus: In der Schweiz sind die Intensivbetten voll - Jetzt droht, wovor sich Ärzte fürchten

Ursprungsmeldung vom 18. November: Genf - Die zweite Coronawelle hat die Schweiz erfasst. Aktuell sind die 900 Intensivbetten vollständig belegt, teilt die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) mit. Bisher konnte eine Überbelastung dieser Bettenkapazität verhindert werden. Nicht dringende Eingriffe und Behandlungen seien verschoben worden, heißt es in der SGI-Stellungnahme. Kritische Covid-19-Patienten würden zunehmen in andere weniger stark betroffene Regionen verlegt. Doch die Überweisungen von schwerkranken Corona-Patienten auf die Intensivstationen nehmen zu.

In den Kliniken spitzt sich die Situation wegen der zeitlichen Verzögerung weiter zu, sagt Andreas Stettbacher vom Koordinierten Sanitätsdienst der Armee (KSD) im Schweizer Tagesanzeiger.

Corona in der Schweiz: Ein Schild im Krankenhaus Etablissements Hospitaliers du Nord Vaudois fordert Besucher dazu auf, sich an das Personal zu wenden.
Corona in der Schweiz: Kliniken vor dem Kollaps (Symbolfoto). © Laurent Gillieron/dpa

Corona in der Schweiz: Droht jetzt Triage?

Was das im Ernstfall bedeutet? Ärzte müssen über Leben und Tod entscheiden. Bei fehlenden Intensivbetten müssen Patienten auch im lebensbedrohlichen Notfall nach dem Prinzip der Triage abgewiesen werden. Mediziner müssen Corona-Infizierte nach ihren Überlebenschancen einteilen. Der Begriff Triage kommt aus dem Französischen und bedeutet Auswahl oder Sichtung. Der französische Chirurg Freiherr Dominique Jean Larrey (1766-1842) entwickelte die Triage während der Napoleonischen Kriege. In Notaufnahmen gehört das Prinzip der Triage bei Katastrophen und Ausnahmefällen zum Alltag. Sind Personal, Material knapp ist eine angemessene Versorgung aller unmöglich. Für Mediziner und Pflegekräfte ist diese Entscheidung eine extreme Belastung.

Mit deutlichen Worten ist das in der SGI-Stellungnahme formuliert:

Alle Personen – vor allem diejenigen, die durch das neue Coronavirus besonders gefährdet sind – werden gebeten, sich im Rahmen einer Patientenverfügung Gedanken dazu zu machen, ob sie im Falle einer schweren Erkrankung lebensverlängernde Maßnahmen erhalten möchten oder nicht. Dadurch werden die eigenen Angehörigen aber auch die Teams der Intensivstationen in der Entscheidungsfindung unterstützt, damit die Behandlung bestmöglich und nach dem individuellen Patientenwillen stattfinden kann“, schreibt die SGI. 

Triage in der Schweiz - Richtlinien für Ärzte und medizinisches Personal

Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) und die SGI haben im März 2020 Richtlinien für die Triage veröffentlicht, die ständig überarbeitet werden. Sind die Betten in den Kliniken knapp werden in der Schweiz Menschen über 85 Jahre nicht mehr intensiv medizinisch behandelt, außer sie sind fit und brauchen keine Betreuung. Auch bei Senioren über 75 Jahren können bestimmte Krankheiten und Kriterien zu einer Abweisung führen, gleiches gilt für 65-Jährige.

Corona in der Schweiz - Fallzahlen auf hohem Niveau

Die Zahl der Corona-Fälle in der Schweiz liegt seit Wochen auf einem sehr hohen Niveau. 6114 Corona Neuinfektionen und 85 Todesfälle sind laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) seit Dienstag gemeldet worden. Seit Beginn der Corona-Pandemie wurden bisher 280.648 Corona-Fälle registriert. 3.385 Menschen starben im Zusammenhang mit einer Sars-CoV-2-Infektion. In der Schweiz sind grundsätzlich Restaurants und Freizeitbetriebe noch geöffnet.

Seit dem 29. Oktober sind Veranstaltungen noch bis 50 Personen erlaubt. Clubs sind aber geschlossen. Die Maskenpflicht wurde zudem ausgeweitet. Seit dem 2. November ist der Präsenzunterricht an Hochschulen verboten. Einige Kantone haben jedoch ihre Maßnahmen gegen das Coronavirus verschärft. Der Bundesrat plant vorerst keine weiteren Vorschriften (ml) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks

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