Im Mittelpunkt der weiteren Verhandlung stehen nun zwei Gutachten, die die Schuldfähigkeit des Hauptangeklagten beurteilen sollen. Eines vom selben Gutachter wie im Oktober 2019: Er verlässt sich eigenen Angaben zufolge vor allem auf die Aussagen eines Notarztes, der am Mittwoch detailliert aussagte und den Hauptangeklagten in der Unfallnacht behandelte. Demnach lag nur eine erhebliche Einschränkung der Steuerungsfähigkeit des Hauptangeklagten vor, sprich: Dieser Gutachter tendiert inzwischen zu einer Schuldfähigkeit.
Ein anderes Gutachten stammt von Psychiater Hans-Ludwig Kröber, einem bekannten Experten aus Verfahren wie um die verschwundene Peggy Knobloch, Gustl Mollath oder Jörg Kachelmann. Sein Gutachten wird voraussichtlich zum Fortsetzungstermin am 24. September vorgetragen. Sollte auch er zu dem Schluss kommen, dass der Hauptangeklagte schuldfähig war, ist eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung zu erwarten. Ein Urteil könnte zur letzten vorgesehenen Sitzung am 25. September fallen.
Für die Angehörigen stehen bis zur Urteilsverkündung weiterhin schmerzhafte Stunden im Gerichtssaal bevor. Seit dem Unfall kämpft die Familie mit einer Kampagne gegen Alkohol am Steuer. «Für mich war es das Schlimmste, was mir jemals passiert ist», sagte der Freund des Opfers am Mittwoch vor Gericht. Seither leide er unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Den Pfeil trägt er mittlerweile als Tattoo. Auch die Halbschwester und der Vater ließen sich den Pfeil als Tattoo stechen, auf die Ferse, so wie die junge Frau.
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