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Inzidenz in Europa: So kämpfen die Länder gegen Infektionen und Impfmüdigkeit

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Ein medizinisches Personal führt am Konservatorium in Barcelona bei einer Frau einen Antigen-Schnelltest durch.
Die Inzidenz in allen europäischen Ländern steigt derzeit. Das größte Problem dabei ist die Delta-Variante und Ungeimpfte. ©  picture alliance/dpa/EUROPA PRESS | David Zorrakino

Europa kämpft! Gegen die Delta-Variante und gegen steigende Infektionszahlen. Dabei gehen alle unterschiedlich vor. Und auch beim Impfen gibt‘s Probleme.

Brüssel – Es ist einsame Spitze nicht nur in Europa am Mittwoch, 14. Juli 2021: Mit einer 7-Tage-Inzidenz von 737,5 ist Zypern derzeit das Land mit den meisten Infektionen hochgerechnet auf 100.000 Einwohner weltweit. Weit abgeschlagen dahinter in Europa: Großbritannien mit einer Inzidenz von immerhin noch 345,5.

Corona-Variante:Delta
Wissenschaftlicher Name:B.1.617.2
Erstnachweis:Indien
Entdeckt am:5. Oktober 2020
Aktueller Anteil in Deutschland:ca. 59 Prozent

Das größte Problem dabei ist die Delta-Variante, gegen die kaum ein Kraut gewachsen scheint. Die Infektionszahlen jedenfalls schießen in der gesamten Europäischen Union derzeit wieder in die Höhe und auch die Anzahl der Impfwilligen gegen das Coronavirus wird immer weniger.

Inzidenz in Europa: So kämpfen die Länder gegen Inzidenz und Impfmüdigkeit: Delta-Variante in Spanien bei über 60 Prozent

Vor allen Dingen unter jungen noch nicht geimpften Menschen in Spanien grassiert das hochansteckende Coronavirus in der Delta-Variante. Ganz besonders betroffen: die Region Katalonien. Rechnet man hier die Inzidenz statt auf sieben Tage auf 14 Tage hoch, ergibt sich hier sogar eine Inzidenz von 2100 bei den 20- bis 29-Jährigen. Auf die gesamte Bevölkerung gerechnet ergibt sich immer noch eine 7-Tage-Inzidenz von aktuell am Mittwoch, 14. Juli 2021, von 287,6.

Gerade im Nordosten des Landes sei die Ansteckungsrate mit Covid-19 unter jungen Menschen besonders hoch, berichtet der „Spiegel“. Hier sei eine Geschwindigkeit bei der Verbreitung des Virus zu beobachten, die man noch nicht einmal aus Großbritannien kenne, so der Oxford-Virologe Daniel Prieto-Alhambra. Inzwischen macht die Delta-Variante hier einen Anteil von gut 60 Prozent der Neuinfektionen aus.

Allerdings will Spaniens Premier Pedro Sánchez zunächst darauf verzichten, noch einmal einen Alarmzustand für das gesamte Land auszurufen. Er vertraut darauf, dass es seinen Landsleuten erneut gelingt, die Corona-Welle zu brechen. Ähnlich vorgegangen ist Sánchez auch schon im vergangenen Sommer und Winter. Folge: unterschiedliche Regeln landauf und landab. In Valencia etwa beschloss die Regionalregierung eine Ausgangssperre in einigen besonders stark betroffenen Kommunen, in Katalonien inklusive Barcelona mussten Nachtklubs und Diskotheken ihren Pforten wieder schließen.

Eine Impfmüdigkeit ist hingegen in Spanien nicht zu erkennen. Auf 100 Einwohner hochgerechnet, erhalten hier 1,2 Bürgerinnen und Bürger eine Immunisierung täglich gegen das Virus. In Deutschland und Italien hingegen sind es nur knapp 1,0. Als Nächstes sind jetzt in Spanien die jungen Menschen an der Reihe.

So kämpfen die Niederlande gegen Inzidenz und Impfmüdigkeit: Nach Lockerungen explodieren Infektionen

Im Nachbarland Niederlande steigen aktuell die Neuinfektionen mit Covid-Sars-2 noch schneller an als in Großbritannien oder Spanien*. Die Neuinfektionen haben sich hier verzehnfacht, der aktuelle Inzidenzwert für die Niederlande liegt am Mittwoch, 14. Juli 2021, aktuell bei 303,5. Besonders hart im Fokus: Amsterdam und Groningen, denn dort wurden in der vergangenen Woche jeweils fast jeder 100. Einwohner positiv auf das Virus getestet. Da in den Niederlanden bereits 70 Prozent der Erwachsenen mindestens einmal geimpft wurde, zeigt sich die Situation in den Hospitälern hingegen nahezu entspannt.

Bereits vor rund drei Wochen hatte Premier Mark Rutte nahezu sämtliche Corona-Maßnahmen zurückgenommen. Die Massen feierten in Klubs und Diskotheken, doch ohne den vollen Immunschutz. Denn bereits am Tag der Impfung bekam man einen QR-Code, mit dem man von den meisten Beschränkungen befreit wurde. Der volle Impfschutz tritt allerdings erst rund 14 Tage nach der zweiten Impfung ein. Darüber hinaus war ein negativer Coronatest 40 Stunden gültig. Das lud offensichtlich dazu ein, Testergebnisse und QR-Codes untereinander zu tauschen.

Inzwischen ist man in den Niederlanden wieder von einigen Corona-Lockerungen abgerückt, da die Delta-Variante des Coronavirus‘ immer mehr um sich greift. Das hat zur Folge, dass Clubs und Discos wieder geschlossen und Festivals bis Mitte August nicht gestattet sind. Restaurants müssen in den Niederlanden bis auf Weiteres um Mitternacht schließen.

Inzidenz in Großbritannien: Fast alle Corona-Maßnahmen fallen in England – fast 36.500 Neuinfektionen an nur einem Tag

In Großbritannien lag die Inzidenz am Mittwochvormittag bei 345,5, was 36.500 neuen Infektionen an diesem Tag entspricht, 50 Menschen sind gestorben. Gleichzeitig wurden innerhalb der ersten sieben Tage des Julis 3000 Patienten in Krankenhäuser eingeliefert, eine Steigerung um fast 50 Prozent im Vergleich zur Vorwoche. Erst am Montag, 12. Juli 2021, hatte das Kabinett von Premier Boris Johnson zumindest für England die Aufhebung fast sämtlicher Corona-Maßnahmen für den 19. Juli beschlossen. Inzwischen ist das Infektionsgeschehen im Vereinigten Königreich zu 99 Prozent auf die Delta-Variante zurückzuführen. Johnson rief seine Landsleute dazu auf, „extrem vorsichtig“ zu sein, weil die Pandemie noch nicht vorbei sei.

Somit gelten ab kommenden Montag, 19. Juli 2021, zumindest in England keine Beschränkungen mehr. Die Maskenpflicht fällt, es gibt keinen Mindestabstand mehr und auch die Bars, Cafés sowie Restaurants dürfen ohne Beschränkungen wieder öffnen. Im Nachtleben soll auf digitale Zertifikate umgestellt werden, die eine Genesung oder eine Impfung nachweisen. Auch soll damit ein negativer Test nachgewiesen werden können.

Polen, Ungarn, Slowakei und Tschechien: Infektionsgeschehen in Osteuropa verlangsamt sich

Nach harten dritten Corona-Wellen hat sich in Polen, Ungarn, Slowakei und Tschechien das Infektionsgeschehen dank der Impfkampagne etwas verlangsamt. Harte Corona-Maßnahmen im Zusammenhang mit Covid-19 aufgrund hoher Todes- und Infektionsraten hatten hier das öffentliche Leben nahezu ausgeschaltet. Seit einigen Tagen ziehen auch hier die Infektionszahlen an.

Obwohl die Delta-Variante hier noch nicht wesentlich präsent ist (Polen 13 Prozent, Tschechien 26 Prozent), scheint die vierte Welle voll im Anmarsch zu sein. Nachdem Warschau, Prag, Bratislava und Budapest die Maßnahmen bereits gelockert hatten, versucht man nun neue Auflagen flexibler zu gestalten. In Polen müssen ungeimpfte oder nur einmal geimpfte Personen, die Kontakt zu einem Delta-Infizierten hatten, zwei Wochen in Quarantäne. Die Slowakei und Tschechien haben nun Kontrollen vor allem im kleinen Grenzverkehr verschärft.

Doch auch hier macht sich langsam die Impfmüdigkeit breit. Um dem entgegenzuwirken, hat die Regierung in Warschau ein Anreizsystem geschaffen: Wer zwei Impfungen erhalten hat, kann zwischen 40 und 100 Euro in einer Art Lotterie gewinnen. Als Monatsgewinn warten hier rund 22.000 Euro und in der Jahresziehung sollen es bis zu 220.000 Euro oder ein Auto sein. Die Jahresziehung ist für den 6. Oktober angesetzt.

Corona in Frankreich: Regierung führt Impfpflicht für Pflegepersonal ein – bei Weigerung droht Einkommensausfall

In Frankreich hat Präsident Emmanuel Macron am Montagabend neue Maßnahmen und die Rücknahme von erst kürzlich verfügten Corona-Lockerungen bekannt gegeben. Ab nächsten Monat müssen alle Bürgerinnen und Bürger Frankreichs ihren sogenannten Gesundheitspass vorlegen, sobald sie ein Theater, Kino, Bar, Café oder Restaurant betreten wollen. Notwendig wird der Pass auch bei längeren Zug- oder Flugreisen. Mit dem Pass können Franzosen nachweisen, dass sie entweder zweifach geimpft oder von einer Coronainfektion genesen sind. Auch ein negativer Coronatest wird darin erfasst.

Darüber hinaus teilte Macron mit, dass sich bis zum 15. September alle Pflegekräfte in Krankenhäusern und Altenheimen impfen lassen müssen. Wenn eine Pflegekraft sich dieser Impfpflicht in Frankreich verweigert, darf sie nicht mehr arbeiten. Auch ein Gehalt wird dann laut Gesundheitsminister Olivier Véran nicht mehr gezahlt.

Inzidenz in Frankreich: Impfkampagne in Frankreich nimmt wieder Fahrt auf: Eine Million Termine in einer Nacht vergeben

In Frankreich steigen seit Tagen die Infektionszahlen wieder in bedenkliche Höhe, laut Experten könnte eine vierte Welle kurz bevorstehen. In insgesamt neun Regionen lag der Inzidenzwert Anfang Juli über einem Wert von 50, durchschnittlich wurden 3500 Corona-Fälle vergangene Woche registriert. Bereits ab 20. August erwarten Experten in Frankreich 60.000 Infektionen und mehr pro Tag. Das aber auch nur, wenn keine Maßnahmen ergriffen würden. Ein erneuter Lockdown könnte demnach im Nachbarland drohen.

Doch es gibt auch gute Nachrichten aus Frankreich. Dank der angekündigten Impfpflicht für Pflegepersonal, nimmt die Impfkampagne wieder an Fahrt auf. So versuchten nach der Verkündigung über 3,4 Millionen Franzosen einen Impftermin zu ergattern, rund eine Million Termine konnten noch in der Nacht vergeben werden.

Griechenland lockt junge Menschen mit 150 Euro-Bonus – Impfungen für 5- bis 17-Jährige erlaubt

Griechenland hatte eigentlich im Zuge der Impfkampagne wieder auf volle Strände und einen anziehenden Tourismus gesetzt, doch jetzt steigen auch an der Ägäis wieder die Infektionszahlen enorm an. Experten zufolge soll der Höhepunkt der vierten Welle in Griechenland etwa Mitte August erreicht werden. Schuld ist vor allen Dingen die Delta-Variante und auch die Impfskepsis innerhalb der griechischen Bevölkerung. Erst rund 5,24 Millionen Griechen haben mindestens eine Impfung erhalten, zirka 4,25 Millionen von ihnen sind bereits vollständig geimpft. Doch bei einer Gesamtbevölkerung von knapp elf Millionen reicht das noch lange nicht für eine Herdenimmunität aus.

Die Lösung der Regierung in Athen: die Schaffung einer Zwei-Klassen-Gesellschaft – nämlich in Geimpfte und Ungeimpfte. Wie eine Regierungssprecherin erklärte, sollen Geimpfte ein einfacheres Leben haben als die, die noch nicht geimpft sind. So will man einen landesweiten Lockdown verhindern, der dann wiederum die gesamte Bevölkerung treffen würde. Bereits seit dieser Woche ist der öffentliche Zugang zu Innenräumen von Restaurants und Bars erschwert. Es darf nur noch der eintreten, der eine Immunität gegen Covid-19 oder eine Genesung nachweisen kann.

Zugleich lockt der Staat vor allen Dingen die jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren in die Arztpraxen. Wer sich in dieser Gruppe impfen lässt, erhält ein 150 Euro-Guthaben auf dem Smartphone, das für Reisen oder kulturelle Dinge ausgegeben werden kann. Genau wie in Frankreich sollen sich in Zukunft auch in Griechenland die Pflegekräfte verpflichtend impfen lassen müssen. Auch Kinder zwischen 5 und 17 Jahren dürfen sich demnächst nach Zustimmung der Eltern impfen lassen. Zusätzlich soll diese Gruppierung aufgrund der Delta-Variante die Möglichkeit erhalten, sich kostenlos darauf testen zu lassen. * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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