Seit dem 26. März dürfen Lebens- und Futtermittel aus Japan nur noch mit einem Zertifikat importiert werden, das die Überprüfung auf Radioaktivität bescheinigt. Eine neue EU-Richtlinie schreibt eine zweite Kontrolle am Flughafen des Importlandes vor. “Wir arbeiten hier mit Netz und doppeltem Boden“, sagte Aigner. Die EU-Regelung gilt nur für Flughäfen, die Direktflüge aus Japan erreichen.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in einem Telefonat mit Japans Ministerpräsident Naoto Kan Hilfe bei der Bewältigung der Krise zu. Kan habe Merkel zudem versichert, dass Japan die internationale Gemeinschaft weiter umfassend über das Krisenkraftwerk Fukushima unterrichten werde, wie die Nachrichtenagentur Kyodo meldet. Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert im Internet-Kurznachrichtendienst Twitter prüfe die japanische Regierung derzeit ein deutsches Angebot für den Einsatz von Spezialrobotern.
Unterdessen traf die Chefin des französischen Atomkonzerns Areva, Anne Lauvergeon, mit fünf Experten in Japan ein, um in der Atomkrise zu helfen. “Sie sind auf die Behandlung radioaktiven Abwassers spezialisiert“, sagte eine Unternehmenssprecherin in Paris. Ob die Franzosen auch direkt zu dem beschädigten AKW in Fukushima fahren werden, stehe noch nicht fest.
Regierung und Atomexperten in Japan diskutierten weiter “jede Möglichkeit“, um das havarierte Kraftwerk unter Kontrolle zu bringen, sagte Regierungssprecher Yukio Edano. Der Hintergrund: An der Küste bei Fukushima wurde der gesetzliche Grenzwert an radioaktivem Jod-131 um das 3355-Fache überschritten. Der Wind drehte am Mittwoch in Richtung Tokio. Mit ihm könnten radioaktive Partikel den Ballungsraum mit 35 Millionen Bewohnern für einige Stunden erreichen.
Das Besprühen der Fukushima-Trümmer mit wasserlöslichem Kunstharz soll Donnerstag beginnen. Die Harzschicht könnte verhindern, dass der Küstenwind radioaktiv belasteten Staub fortträgt. Die Regierung überlegt außerdem, die Reaktoren mit Spezialgewebe abzudecken. Um was für ein Gewebe es sich handeln könnte, sagte Edano nicht. Als dritte Notmaßnahme ist im Gespräch, radioaktiv verseuchtes Wasser aus dem Kraftwerk in ein Tankschiff auf dem Meer zu pumpen.
In Fukushima drohen bei einem neuerlichen Ausfall der Kühlung nach wie vor Kernschmelzen. Der Stromkonzern Tepco räumte am Mittwoch ein, dass diese vier Blöcke nach wie vor nicht unter Kontrolle sind. Vorstandschef Tsunehisa Katsumata sagte in Tokio, der Konzern habe noch kein genaues Konzept zur Bewältigung des Atomunfalls.
Während die Arbeiter in Fukushima gegen die Kernschmelze kämpfen, ist der seit mehr als zwei Wochen aus der Öffentlichkeit verschwundene Tepco-Präsident Masataka Shimizu nun arbeitsunfähig und liegt in einer Klinik. Nach Angaben von Kyodo litt er an Schwindel und Bluthochdruck. In Japan gab es zuvor Gerüchte, dass er sich wegen der Katastrophe das Leben genommen haben könnte oder geflohen sei.
Die japanische Regierung will alle sechs Reaktoren in Fukushima Eins nie mehr ans Netz gehen lassen. “Das ist sehr klar, wenn man an die gesellschaftlichen Umstände denkt“, sagte Regierungssprecher Edano laut einer Kyodo-Meldung. Der Atomkonzern Tepco schloss dagegen nicht aus, dass die zwei noch funktionstüchtigen Reaktoren 5 und 6 wieder in Betrieb gehen könnten. Tepco will zunächst nur die irreparabel beschädigten Blöcke 1 bis 4 dauerhaft stilllegen.
dpa