Nur ganz selten durften die Mutter und ihre jetzt 11 und 15 Jahre alten Mädchen den Garten verlassen. Doch der 58 Jahre alte Garrido, der in seinem Haus eine Druckerei betrieb, war in den letzten Jahren wohl etwas unvorsichtiger geworden. Ben Daughdrill, ein Kunde des Mannes, berichtete der “New York Times“, dass er dort von einer höflichen, blonden Frau empfangen wurde, die Garrido als seine Tochter Allissa ausgab. “Sie war die Designerin, sie machte die künstlerische Gestaltung, sie war ein Genie“, sagte Daughdrill. Die junge Frau habe auch bei weiteren Telefonaten und in E-Mails nie eine Anspielung auf ihre wahre Identität gemacht.
Auch der Geschäftsmann Deepal Karunaratne bemerkte nichts ungewöhnliches, wenn er Druckarbeiten in Garridos Haus abholte. “Manchmal brachte sie (Jaycee) die Arbeiten ins Zimmer, dabei trug sie Handschuhe und hatte Druckerschwärze an der Kleidung“, sagte er der “Contra Costa Times“.
Garrido nahm seine beiden Töchter Angel und Starlite gelegentlich zu Erledigungen mit. “Es sind sehr, sehr hübsche blonde Mädchen mit blauen Augen“, sagte der Geschäftsmann und langjährige Kunde Garridos, Timothy Allen, dem Sender ABC. Der Vater sei sehr stolz auf die Mädchen gewesen, doch die Kinder hätten sich Fremden gegenüber extrem scheu verhalten. Nach Bekanntwerden des Falls habe er das Foto der elfjährigen Jaycee gesehen und sofort die Ähnlichkeit entdeckt, erzählte Allen. “Mir wurde ganz bange ums Herz. Die Kinder sind ihr wie aus dem Gesicht geschnitten.“
Mitte August brachte Garrido seine Töchter zu einer Geburtstagsfeier in einem Gemeindezentrum. Cheyvonne Molina, eine Kundin des Druckers, beschrieb die Jüngere als ausgelassen und fröhlich. Die Ältere erschien dagegen sehr von dem Vater abhängig. “Bevor sie auf die andere Seite des Raumes ging, fragte sie erst um Erlaubnis“, berichtete Molina der “New York Times“.
Das “fast roboterhafte“ Verhalten der Kinder hatte auch zwei Polizistinnen in Berkeley alarmiert. Dort wollte der Mann in Begleitung seiner Töchter auf dem Universitätsgelände religiöse Flugblätter verteilen. Die Beamtinnen wurden misstrauisch, und Garrido musste sich bei einer Wache melden. Dort zog sich nach 18 Jahren das Netz um den Entführer, Kinderschänder und selbst ernannten Prediger zu.
dpa