1. Startseite
  2. Welt

Verdacht auf Terror und «fremdenfeindliches Motiv» in Hanau

KommentareDrucken

Ein schweres Gewaltverbrechen erschüttert Hanau. Insgesamt gibt es elf Tote, weitere Menschen werden schwer verletzt. Die Generalbundesanwaltschaft ermittelt wegen Terrorverdachts.

SEK-Beamte in der Nähe eines Tatorts im Einsatz. Foto: Boris Roessler/dpa
1 / 7SEK-Beamte in der Nähe eines Tatorts im Einsatz. Foto: Boris Roessler/dpa © Boris Roessler
Die Polizei war nach der Schießerei mit einem Großaufgebot im Einsatz. Foto: Boris Rössler/dpa
2 / 7Die Polizei war nach der Schießerei mit einem Großaufgebot im Einsatz. Foto: Boris Rössler/dpa © Boris Roessler
Ein Projektil liegt in unmittelbarer Nähe des Tatorts am Heumarkt. Foto: Andreas Arnold/dpa
3 / 7Ein Projektil liegt in unmittelbarer Nähe des Tatorts am Heumarkt. Foto: Andreas Arnold/dpa © Andreas Arnold
Rettungskräfte in Hanau im Einsatz. Foto: Heiko Hahnenstein/Wiesbaden112/dpa
4 / 7Rettungskräfte in Hanau im Einsatz. Foto: Heiko Hahnenstein/Wiesbaden112/dpa © Heiko Hahnenstein
Ein Polizist sichert einen Bereich in der Nähe des Tatorts am Heumarkt. Foto: Andreas Arnold/dpa
5 / 7Ein Polizist sichert einen Bereich in der Nähe des Tatorts am Heumarkt. Foto: Andreas Arnold/dpa © Andreas Arnold
Glassplitter liegen neben einem mit Thermofolie abgedeckten Auto im Stadtteil Kesselstadt. Foto: Boris Rössler/dpa
6 / 7Glassplitter liegen neben einem mit Thermofolie abgedeckten Auto im Stadtteil Kesselstadt. Foto: Boris Rössler/dpa © Boris Roessler
Insgesamt kamen elf Menschen ums Leben. Foto: Boris Roessler/dpa
7 / 7Insgesamt kamen elf Menschen ums Leben. Foto: Boris Roessler/dpa © Boris Roessler

Wiesbaden (dpa) - Die Generalbundesanwaltschaft ermittelt nach der Gewalttat in Hanau wegen Terrorverdachts. «Er stuft das Verbrechen als Verdacht einer terroristischen Gewalttat ein», sagte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) im Landtag in Wiesbaden.

Der Todesschütze sei ein 43-jähriger Deutscher aus Hanau. Er habe in zwei Shisha-Bars das Feuer eröffnet, erklärte Beuth. Die Polizei werte derzeit seine Homepage aus. «Erste Auswerteergebnisse der Homepage des vermeintlichen Täters deuten auf ein fremdenfeindliches Motiv hin.»

Der Mann habe wohl allein gehandelt. «Bislang liegen keine Hinweise auf weitere Täter vor.» Beuth verurteilte die Tat: «Es ist ein Anschlag auf unsere freie und friedliche Gesellschaft.»

Nach der Tat sei der mutmaßliche Täter tot zuhause aufgefunden worden. Die Ermittler gehen demnach davon aus, dass der Mann seine 72-jährige Mutter und sich selbst erschossen hat. «Beide wiesen Schussverletzungen auf, die Tatwaffe wurde bei dem mutmaßlichen Täter gefunden.»

Der mutmaßliche Täter sei zuvor nicht im Visier der Ermittler gewesen. Er sei weder als fremdenfeindlich bekannt gewesen noch polizeilich in Erscheinung getreten.

Insgesamt tötete der Täter zehn Menschen. Stunden nach dem Verbrechen an zwei unterschiedlichen Tatorten mit neun Toten entdeckte die Polizei die Leiche des mutmaßlichen Todesschützen in seiner Wohnung in Hanau - dort fanden Spezialkräfte noch eine weitere tote Person.

Wenige Tage vor dem Verbrechen hatte der mutmaßliche Täter nach Informationen aus Sicherheitskreisen ein Video bei Youtube veröffentlicht. In diesem Video spricht der Mann in fließendem Englisch von einer «persönlichen Botschaft an alle Amerikaner». Der Clip, der am Donnerstagmorgen weiter im Internet zu sehen war, wurde offensichtlich in einer Privatwohnung aufgenommen, ins Netz gestellt wurde er vor wenigen Tagen.

Darin sagt der Mann, in den USA existierten unterirdische Militäreinrichtungen, in denen Kinder misshandelt und getötet würden. Dort würde auch dem Teufel gehuldigt. Amerikanische Staatsbürger sollten aufwachen und gegen diese Zustände «jetzt kämpfen». Ein Hinweis auf eine bevorstehende eigene Gewalttat in Deutschland ist in dem Video nicht enthalten. Er behauptet auch, Deutschland werde von einem Geheimdienst gesteuert. Außerdem äußert er sich negativ über Migranten aus arabischen Ländern und der Türkei.

Die ersten Schüsse fielen den Ermittlern zufolge am Mittwochabend gegen 22.00 Uhr. Am Heumarkt in der Hanauer Innenstadt blicken Passanten später in der Nacht immer wieder fassungslos auf die Szenerie am abgesperrten Tatort. Nicht weit entfernt in einer Seitenstraße liegen Patronenhülsen auf dem Fußweg.

Nur rund zwei Kilometer davon entfernt im Stadtteil Kesselstadt befindet sich ein weiterer Tatort. Dort wurden ebenfalls Schüsse abgefeuert. Eine mögliche dritte Gewalttat im Stadtteil Lamboy bestätigte sich nicht. Die Polizei war aber auch dort mit einem Großaufgebot vor Ort.

Es ist ein Verbrechen, das die beschauliche und nur wenige Kilometer östlich von Frankfurt gelegene Stadt in ihrer jüngeren Geschichte noch nicht erlebt hat. Einer der Tatorte ist eine Shisha-Bar am Heumarkt, einer Straße, die etwas am Rande der Innenstadt von Hanau mit seinen rund 100.000 Einwohnern liegt. Es ist eine Gegend mit Spielhallen, Wettlokalen und Döner-Imbissbuden - und am späten Mittwochabend auch Polizeisirenen, Blaulicht und Absperrband.

Der zweite Tatort ist fast in Laufnähe, mit dem Auto sind es bis dahin nur etwa fünf Minuten. Der Kurt-Schumacher-Platz liegt in einem Wohnviertel. Dort befindet sich im Erdgeschoss eines Wohnblocks eine Art Kiosk, mit der Aufschrift «24/7 Kiosk» auf der großen Glasscheibe, auf einem Reklame-Leuchtschild steht «Arena Bar & Café». Der Blick ins Innere ist versperrt, die Scheiben sind teils halbhoch mit orangefarbener Folie beklebt.

Ein 24-Jähriger, der nach eigenen Angaben der Sohn des Kioskbesitzers ist, erzählt, er sei bei der Tat nicht vor Ort gewesen - sein Vater auch nicht, wie er erst später erfahren habe. Als er von den Schüssen gehört habe, sei er sofort hergekommen. «Ich habe erstmal einen Schock bekommen.» Die Opfer seien Leute, «die wir jahrelang kennen». Es seien zwei Mitarbeiter und eine Person, die er schon von klein auf kenne. Wer verübt solch ein Verbrechen? Der 24-Jährige ist ratlos: «Wir kennen sowas nicht, wir sind auch nicht mit Leuten zerstritten. Wir können es uns gar nicht vorstellen. Es war ein Schock für alle.»

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte wegen des Gewaltverbrechens einen geplanten Besuch in Sachsen-Anhalt ab. Sie werde an diesem Donnerstag nicht wie geplant zum Amtswechsel an der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina nach Halle fahren, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert im Kurznachrichtendienst Twitter mit. «Die Bundeskanzlerin lässt sich fortlaufend über den Stand der Ermittlungen in Hanau unterrichten.»

Zuvor hatte er getwittert: «Die Gedanken sind heute Morgen bei den Menschen in Hanau, in deren Mitte ein entsetzliches Verbrechen begangen wurde.» Er fügte hinzui: «Tiefe Anteilnahme gilt den betroffenen Familien, die um ihre Toten trauern.» Seibert äußerte die Hoffnung, dass die Verletzten bald wieder gesund werden.

Auch der Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) zeigt sich in einer Sondersendung von «Bild live» erschüttert über die Gewalttaten. «Das war ein furchtbarer Abend, der wird uns sicherlich noch lange, lange beschäftigen und in trauriger Erinnerung bleiben.» Via Facebook spricht Kaminsky den Angehörigen der Opfer seine Anteilnahme aus. «Meine Gedanken sind bei den Familien und Freunden der Opfer. Ihnen gilt mein tief empfundenes Beileid.»

Die Hanauer Bundestagsabgeordnete Katja Leikert (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Ich bin erschüttert darüber, was passiert ist.» Auf Twitter schrieb sie: «In dieser fürchterlichen Nacht in Hanau wünsche ich den Angehörigen der Getöteten viel Kraft und herzliches Beileid.» Und: «Den Verletzten eine hoffentlich schnelle Genesung. Es ist ein echtes Horrorszenario für uns alle. Danke an alle Einsatzkräfte!!»

In Hanau fallen Schüsse. Elf Menschen sind tot, darunter der mutmaßliche Täter. Es handelt sich wohl um einen rechtsextremen Terror-Anschlag.

In Hanau sind nach Schießereien insgesamt elf Menschen tot, darunter der mutmaßliche Täter. Die Ermittlungen laufen. Viele Fragen sind noch offen.

Auch interessant

Kommentare