Eine Übersterblichkeit errechneten die Essener Forscher für die Altersgruppen der 60- bis 69-Jährigen, der 80- bis 89-Jährigen und die älter als 90-Jährigen. Der deutlichste Wert ergab sich bei den 80- bis 89-Jährigen. Hier fanden die Wissenschaftler heraus, dass im untersuchten Zeitraum 7.287 Menschen mehr gestorben sind als statistisch erwartet.
Im Vergleich zur Grippesaison 2017/2018, der schlimmsten der vergangenen 30 Jahre, während der mehr als 25.000 Menschen starben, sei Deutschland relativ gut durch die erste Corona-Welle gekommen, erklärten die Forscher. Die Übersterblichkeit existierte zwar für zwei Monate, sei allerdings in anderen Ländern wie Spanien, Italien, Großbritannien und den USA wesentlich höher gewesen.
Die Wissenschaftler erklärten die vergleichsweise geringen Todesfallzahlen in Deutschland mit mehreren Faktoren. Zu Beginn der Corona-Pandemie* haben sich vor allem junge Menschen mit Sars-CoV-2 infiziert. Zudem pflegten die Menschen in Deutschland weniger Sozialkontakte als in vielen anderen Ländern. Darüber hinaus spielten das gut ausgestattete Gesundheitssystem und das frühe Pandemie-Management eine entscheidende Rolle. Um jedoch herauszufinden, welche Rolle der Lockdown mit Blick auf die Todesfallzahlen spielte, sei weitere Forschung notwendig, berichtete das Essener Forschungsteam.
Ein interessanter Aspekt der Studie ist, dass es nach Einberechnung der demografischen Faktoren keine Übersterblichkeit in Deutschland gibt, sondern 4.926 Todesfälle weniger als statistisch erwartet. Die Wissenschaftler bereinigten die Daten in einem weiteren Schritt um die Veränderung der Altersstruktur in Deutschland, da die Menschen im Zeitraum von 2016 bis 2020 immer älter geworden sind. Die Altersgruppe der über 80-Jährigen, die ein höheres Risiko hat, an Covid-19 zu sterben, sei dadurch beispielsweise stark gewachsen.
Der Chef des Frankfurter Gesundheitsamtes, Prof. Rene Gottschalk, und seine Co-Autorin Prof. Ursel Heudorf haben im Hessischen Ärzteblatt ebenfalls eine Bilanz der bisherigen Corona-Pandemie gezogen. Gottschalk sagt: „Eine Übersterblichkeit ist weder in der Gesamtbevölkerung noch in der Gruppe der Hochrisikopatienten (Bewohner von Altenpflegeheimen) zu verzeichnen.“ Die Sterbestatistik zeige im ersten Halbjahr 2020 keine Auffälligkeiten, im Gegensatz zur höheren Sterbezahl während der Grippewelle 2017 und 2018, sowie der Hitzeperiode im Juli 2018. (ph) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks