Wie es in der fraglichen Nacht zum Geschehen im Badezimmer kam, ist bislang unklar. Am folgenden Morgen fiel jedenfalls der schlimm gerötete Kopf des Babys auf. Auch befand sich der Vater in einem aufgelösten Zustand und versicherte „Ich wollte das nicht.“ Seiner ehemaligen Freundin schrieb er per WhatsApp: „Schatz, es tut mir leid. Er ist mir einfach aus dem Arm gerutscht.“
Der Vorwurf des versuchten Mordes erklärt sich im Übrigen nicht aus dem unmittelbaren Tatgeschehen, sondern aus dem anschließenden Fehlverhalten des Vaters. Trotz der schweren Verletzungen des Kindes hatte er es unterlassen, den Rettungsdienst zu rufen. Erst Stunden später informierte seine Mutter die Polizei und einen Betreuer.
Der Prozess wird am Dienstag, 12.05.2020, mit der Vernehmung von Ärzten und Polizisten fortgesetzt.
Erstmeldung vom Dienstag, 05.05.2020, 6.35 Uhr: Versuchter Mord wird einem 33 Jahre alten Mann aus Heringen (Hessen) vorgeworfen, der sich ab heute vor dem Schwurgericht des Fuldaer Landgerichts verantworten muss.
Der Angeklagte soll am 18.09.2015 sein damals drei Monate altes Baby derart misshandelt haben, dass dieser mit lebensgefährlichen Verletzungen stationär ins Klinikum nach Bad Hersfeld musste.
Weil es der Vater nach dem Vorfall unterlassen hatte, einen Krankenwagen für sein Baby zu rufen, nahm er aus Sicht der Kammer den Tod des Säuglings billigend in Kauf – juristisch wäre das ein Mordversuch. Ein Unterlassungsdelikt ist eine Straftat, die das Nichtstun unter Strafe stellt. Im Gegensatz zum sogenannten Begehungsdelikt wird man also bestraft, weil man gerade etwas nicht getan hat. Voraussetzung ist allerdings, dass der untätig Gebliebene die Möglichkeit gehabt haben muss, zu handeln.
Ein Motiv für die Misshandlung des Kindes ist bislang unklar. Laut der Anklage von Staatsanwältin Natalia Fuchs hat der Mann aus Heringen in Hessen das Baby im Badezimmer mit dem Gesicht in der Duschwanne oder im Waschbecken in maximal 69 Grad heißes Wasser getaucht, wodurch es schwere Verbrühungen erlitt.
Bei den anschließenden Krankenhausaufenthalten in Bad Hersfeld und Kassel wurde zudem festgestellt, dass dem Baby auf bisher nicht nachvollziehbare Art und Weise Amphetamine – eine chemische Droge – verabreicht worden waren.
Außerdem waren die 6. und die 7. Rippe gebrochen, und es fanden sich Hämatome an Gesäß und Oberschenkel. Wann dem Säugling diese Verletzungen beigebracht wurden, ist ebenfalls noch nicht geklärt.
Neben dem Mordversuch an dem Baby geht es vom Sachverhalt her um die Vorwürfe der Misshandlung Schutzbefohlener, der gefährlichen Körperverletzung und einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz. Sollte der Familienvater tatsächlich wegen versuchten Mordes verurteilt werden, droht ihm im Höchstfall wie für den vollendeten Mord eine lebenslange Freiheitsstrafe.
Das Gericht kann die Strafe jedoch nach Paragraf 23.2 des Strafgesetzbuches mildern, der Rahmen läge dann zwischen drei und 15 Jahren. Für die Misshandlung Schutzbefohlener drohen sechs Monate bis zehn Jahre.
Das Verfahren wegen versuchten Mordes an einem Baby hatte ursprünglich vor dem Jugendschöffengericht in Bad Hersfeld stattfinden sollen, wurde dann jedoch an die höhere Instanz des Landgerichts in Fulda abgegeben. Auch dort fand noch ein Wechsel von der Jugendschutzkammer zur 1. Strafkammer statt, wodurch es zu weiteren Verzögerungen kam.
Am heutigen ersten Prozesstag wird lediglich die Anklage gegen den Heringer verlesen. Es sind weitere fünf Verhandlungstage terminiert, sodass nach bisheriger Planung Ende dieses Monats ein Urteil gesprochen werden könnte.
Von Karl Schönholtz
In Göttingen findet derzeit ein Prozess wegen Doppelmord statt. Ein Man hat auf offener Straße zwei Frauen angegriffen. Eine verstarb noch am Tatort, eine weitere später im Krankenhaus.
Eine Frau stand in Bad Hersfeld vor Gericht, weil sie ihr Baby vergiftet haben soll. Sie wurde zu einer langen Freiheitsstrafe verurteilt.
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