Mit „Ranking“ bezog er sich darauf, dass der DWD am 2. Juni den „bislang wärmsten Tag des Jahres“ für Deutschland mit einem Wert von 30,7 Grad in Lingen meldete. Neben den Wetterexperten Brandt und Dominik Jung (siehe Update vom 28. Mai), äußerte jetzt auch der ARD-Fachmann Karsten Schwanke erhebliche Zweifel an der Messstation.
„Entschuldigung, aber Lingen – nach den berechtigten Kritiken der letzten Tage - dennoch in den Rückblick zu packen, kann nicht mit ‚Fehler passieren‘ abgetan werden. Das ist absolute Ignoranz und Unprofessionalität. Man kann Rückblicke auch korrigieren. Und Rekorde streichen. Für mehr Glaubwürdigkeit“, twitterte er. Die Messstation solle bei der Wetterauswertung nicht in den Mittelpunkt gestellt werden, fuhr er fort.
Update vom 28. Mai 2020: Die Vorwürfe, die Wetter-Experte Dominik Jung vom Wetterdienst Q.met gegenüber dem Deutschen Wetterdienst (DWD) öffentlich anspricht, haben es in sich. Demnach soll die Wetterstation in Lingen in Niedersachsen - die bereits vergangenes Jahr unter Wetter-Experten für Wirbel gesorgt hatte - höchst umstrittene Messdaten liefern.
Gegenüber der „Bild“-Zeitung sagte Dominik Jung jüngst, dass die Wetterstation in Lingen in einer Senke liege, umgeben von Hecken, einem Parkplatz und einem Freibad. „Es ist unseriös, dass der DWD so eine Wetterstation überhaupt zulässt. Offenbar staut sich dort die Hitze. Die Station sollte verlegt werden. Damit macht sich der DWD gerade in Sachen Klimaerwärmung angreifbar, wenn er so unseriöse Messdaten vorlegt.“
Auch Dr. Krasten Brandt, ein Kollege von Dominik Jung, schließt sich dessen Erklärungen hinsichtlich der Wetterstation in Lingen an. So habe die Station das Problem, dass sie in einer Mulde liege und die Temperaturen dadurch stark erwärmt werden. „Das ist mit Sicherheit nicht der wärmste Ort Deutschlands“, sagte er.
Und scheinbar gibt es nun eine echte Wende. Wie Uwe Kirsch, Pressesprecher des Deutschen Wetterdienstes, nämlich gegenüber der „Bild“-Zeitung bestätigte, wolle man die Station verlegen. Um welchen Zeitraum es sich hierbei jedoch handelt, bleibt weiterhin offen. „An dem neuen geplanten Standort in der Nähe wurden archäologische Artefakte entdeckt, das verzögert die Sache leider weiter“, sagte Kirsch.
Unsere Erstmeldung vom 21. Mai 2020:
Offenbach - Es sind heftige Vorwürfe, die Wetter-Experte und Diplom-Meteorologe Dominik Jung vom Wetterdienst Q.met gegenüber dem Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach erhebt. Öffentlich prangert er dessen Arbeitsweise an: „Das kann man alles nicht als repräsentativ bezeichnen und hat mit einer seriösen Messung nichts mehr zu tun“, so Jung. Im Zentrum seiner Kritik steht ein Problem, auf das längst Wetter-Kollege Jörg Kachelmann aufmerksam gemacht hat.
Die Sommertage, die ab 25 Grad offiziell so genannt werden und im Mai bereits viele Menschen erfreuten, werden jetzt zum Grund für den Clinch zwischen Jung und dem DWD. Die Spitzenwerte lagen nach den Messungen des DWD am vergangenen Mai-Wochenende (9. Mai und 10. Mai 2020) an beiden Tagen im Durchschnitt bei 28 Grad. Laut Jung sind diese Werte allerdings höchst umstritten. Sie stammen nämlich aus der Wetterstation in Lingen in Niedersachsen. Diese sorgte bereits im letzten Jahr für großen Wetter-Wirbel unter den Experten. Neben dem Wetterportal wetteronline.de hagelte es damals auch Kritik von Wetter-Experte Jörg Kachelmann.
Der vom DWD im letzten Sommer in der Wetterstation Lingen gemessene Höchstwert und neue Deutschland-Rekord von 42,6 Grad lag bei Weitem höher als der von anderen Wetterstationen. Der Wert wurde deshalb weder von wetteronline.de, die ihn laut NDR als „unbrauchbar“ und „inakzeptabel“ bezeichneten, noch von Kachelmann anerkannt. Denn allgemein herrscht unter den Experten die Meinung, dass sich die Wetterstation in Lingen nicht für eine angemessene Temperaturmessung qualifiziere. Es herrsche dort zu wenig Wind* und die Hitze würde sich aufgrund von dichten Hecken und hoher Baumreihen stauen.
Die Bundesbehörde ging damals zur Verteidigung über und DWD-Sprecher Andreas Friedrich erklärte dem NDR, dass sowohl die Messtechnik als auch die Umgebung geprüft worden seien. Alle Bedingungen entsprächen den internationalen Standards, so Friedrich. Wetter-Experte Jung hält dennoch an seinen Zweifeln fest: „Der Deutsche Wetterdienst hat damals erklärt, der Standort und die Messungen seien in Ordnung. Das muss man nach diesem Wochenende einmal mehr infrage stellen.“ Alle Wetterstationen im Umkreis von Lingen hätten Werte bis zu vier Grad unter dem Lingen-Wert gemessen. Er plädiert deshalb für eine Verlegung der Wetterstation, wie es vom DWD bereits seit 2014 geplant sei.
Wie das Wetter in Deutschland wohl am Vatertag werden wird? Die Aussichten sind ziemlich sonnig. Auch ein Meteorologe äußerte sich mit einer klaren Ansage. Gegen Pfingsten könnte uns jedoch ein „Spielverderber“-Tief die Feiertage versauen. Erst sinken die Temperaturen in Deutschland, dann folgte extrem schwüles Wetter. Das kann für zahlreiche Gewitter und Sturzfluten sorgen.
*merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes.
jbr