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Boeing in der Krise: Messecoup sorgt für Hoffnung

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Boeing findet Kunden für «Dreamliner»-Langstreckenjets
Boeing findet Kunden für «Dreamliner»-Langstreckenjets © dpa / Mic Smith

Flugzeugbauer Boeing steckt in der Krise und die Luftfahrtmesse in Paris lief mäßig an. Am zweiten Tag sorgt ein großer Deal für einen Lichtblick.

Update vom 30. Oktober 2019: Der Chef von Boeing muss sich dem US-Kongress stellen. In der Anhörung wird er scharf angegriffen - und gibt Fehler zu.

Update vom 18. Juni: Der Flugzeugbauer Boeing hat auf der Pariser Luftfahrtmesse Kunden für 25 Langstreckenjets vom Typ 787 „Dreamliner“ gefunden. Die südkoreanische Fluggesellschaft Korean Air will 20 Maschinen der Reihe kaufen, wie Boeing am Dienstag auf der Air Show in Le Bourget bei Paris mitteilte. Zehn weitere „Dreamliner“-Jets will das Unternehmen bei dem Flugzeugfinanzierer ALC leasen, der seine bestehende Order bei Boeing in diesem Zuge um fünf Jets aufstockte.

Für den weltgrößten Flugzeughersteller Boeing sieht es auf der Messe bisher äußerst mau aus. Am Montag, dem ersten Messetag, holte er nur eine Bestellung über zehn kleine Frachtmaschinen herein.

Der Konzern steckt derzeit in einer tiefen Krise. Nach dem Absturz zweier Mittelstreckenjets in der modernisierten Version 737 Max mit insgesamt 346 Toten gilt für die Maschinen des Typs ein weltweites Flugverbot. Boeing-Chef Dennis Muilenburg hatte am Sonntag gesagt, bei der Messe gehe es für sein Unternehmen diesmal nicht um Aufträge, sondern um Bescheidenheit sowie darum, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. 

Boeing wusste längst von den Problemen

Update vom 6. Mai: Der US-Luftfahrtriese Boeing wusste bereits rund ein Jahr vor dem ersten Absturz einer 737-Max-Maschine von einem Softwareproblem der Modellreihe. Der Konzern räumte am Sonntag ein, bereits einige Monate nach Auslieferungsbeginn der 737 Max im Mai 2017 festgestellt zu haben, dass ein Warnsystem in den Cockpits nicht richtig funktionierte. Boeing habe daraufhin zunächst eine interne Untersuchung gestartet, die zu dem Schluss gekommen sei, dass keine Beeinträchtigung der Flugsicherheit vorliege.

Boeings obere Führungsebene sei in diese Untersuchung nicht involviert gewesen und erst nach dem ersten Absturz einer 737-Max-Maschine in Indonesien am 29. Oktober 2018 auf das Problem aufmerksam geworden. Auch die US-Luftfahrtbehörde FAA sei erst rund eine Woche nach diesem Unglück darüber informiert worden. Im Dezember sei eine weitere Untersuchung durchgeführt worden, die ebenfalls ergeben habe, dass das Problem kein Sicherheitsrisiko darstelle, heißt es in der Boeing-Mitteilung.

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Boeing: Neue Details - ein Absturz hätte wohl verhindert werden können

Update vom 30. April: Zumindest einer der beiden schrecklichen Abstürze des neuen Boeing-Modells 737-Max hätte womöglich verhindert werden können. Das wurde am Rande der Hauptversammlung von Boeing in Chicago bekannt. Die neuen Informationen setzen sowohl den Flugzeughersteller selbst als auch die US-Luftfahrtbehörde FAA unter Druck.

Danach stand bereits nach dem ersten Absturz in Indonesien Ende Oktober 2018 die Überlegung vonseiten der FAA-Inspektoren im Raum, ein Flugverbot zu erlassen. Die Führungsebene der Behörde sei damals aber noch nicht mit diesem radikalen Schritt befasst gewesen, berichtete das „Wall Street Journal“.

Das weltweite Flugverbot wurde erst nach dem zweiten Absturz in Äthiopien am 10. März ausgesprochen – wobei die FAA zunächst auch hier etwas zögerte. Bei den beiden Abstürzen kamen insgesamt 346 Menschen ums Leben.

Experten bewerten es als fahrlässig, dass Boeing beim 737-Max-Modell die Daten nicht doppelt absicherte, sondern nur aus einem Fluglagesensor (Angle of Attack, kurz AoA) in die neuartige Flugsteuerungssoftware (MCAS) einspeiste. Der Boeing-Chef schob die Schuld indirekt der FAA zu, die das System genehmigt hatte.

Boeing deaktivierte beim neuen Max-Modell im Unterschied zum Vorgänger zudem eine Warnfunktion, wenn die im Flugzeug eingebauten zwei Fluglagesensoren unterschiedliche Daten lieferten – was wohl bei beiden Abstürzen der Fall gewesen ist. Angeblich wussten etwa die Piloten des größten 737-Max-Kunden, der US-Fluggesellschaft Southwest Airlines, nichts von der Deaktivierung dieser Warnfunktion.

Bislang steht noch nicht fest, wann die gut 370 mit einem Flugverbot belegten 737-Max-Modelle wieder abheben dürfen. Am 23. Mai soll in Washington eine entscheidende Sitzung der FAA mit den Vertretern wichtiger internationaler Luftfahrtbehörden stattfinden.

Auch der finanzielle Schaden ist enorm. Bereits jetzt belaufen sich die 737-Max-Extrakosten auf über eine Milliarde Dollar.

Boeing 737: Behörden hatten Steuerungssystem MCAS schon vergangenes Jahr im Visier

Update vom 29. April: Das Stabilisierungssystem MCAS der Boeing 737 MAX ist bereits im vergangenen Jahr ins Visier der US-Flugaufsicht FAA geraten. Inspektoren erwogen 2018, einen Flugstopp für Maschinen dieses Typs anzuordnen, wie informierte Kreise am Sonntag bestätigten. Grund war, dass Boeing ein Warnsystem für Fehlfunktionen des MCAS deaktiviert hatte - offenbar, ohne die Fluggesellschaft darüber in Kenntnis zu setzen.

Nach zwei Abstürzen von Maschinen vom Typ Boeing 737 MAX binnen weniger als fünf Monaten war im März ein weltweites Flugverbot für diese Flugzeuge verhängt worden. Zunächst stürzte im Oktober 2018 eine solche Boeing vor der indonesischen Insel Java ab, alle 189 Insassen starben. Im März verunglückte dann eine Maschine der Fluggesellschaft Ethiopian Airlines in Äthiopien. Alle 157 Menschen an Bord kamen ums Leben. In beiden Fällen steht das speziell für die Boeing 737 MAX entwickelte Stabilisierungssystem MCAS (Maneuvering Characteristics Augmentation System) im Verdacht, eine verheerende Rolle gespielt zu haben. Es drückt bei einem drohenden Strömungsabriss die Nase des Flugzeugs automatisch nach unten, auch wenn die Piloten gegensteuern.

Nach Boeing-Abstürzen: Hätte die einfache Aktivierung einer Zusatzoption zwei Katastrophen verhindern können?

Dass sich die FAA bereits im vergangenen Jahr mit dem MCAS befasste, berichtete nun zunächst das "Wall Street Journal". FAA-Inspektoren, die mit der Aufsicht der US-Fluggesellschaft Southwest Airlines beauftragt waren, erfuhren, dass ein Warnsystem für Fehlfunktionen des MCAS bei den Maschinen der Airline deaktiviert war. Dies wurde erst nach dem Unglück der Lion-Air-Maschine in Indonesien bekannt.

Eine Southwest-Sprecherin erklärte, vor dem Lion-Air-Unglück habe Boeing es so dargestellt, als sei das Warnsignal für eine MCAS-Fehlfunktion bei allen Boeing MAX aktiviert. Nach dem Absturz in Indonesien habe Boeing die Fluggesellschaft dann aber darüber informiert, dass das Warnsystem grundsätzlich nicht aktiviert sei. Eine Aktivierung, so stellte sich heraus, war eine kostenpflichtige Zusatzoption.

Die Fluggesellschaft - zu diesem Zeitpunkt mit 34 Maschinen der größte Boeing-MAX-Kunde - entschied sich, diese Option für alle ihre Maschinen in Anspruch zu nehmen. Als die Luftfahrtaufsicht FAA dies erfuhr, prüfte sie, ob Piloten zusätzliches Training benötigen und die Maschinen so lange am Boden bleiben müssen. Die Inspektoren entschieden sich letztlich aber dagegen. Die Informationen wurden nicht an die Leitungsebene der Behörde weitergegeben. 

Am Sonntag erklärte Boeing, künftig werde bei allen Boeing 737 MAX das Warnsystem "kostenlos" zur Verfügung stehen. Das Warnsystem macht darauf aufmerksam, wenn zwei sogenannte AOA-Sensoren, die Daten zum Anstiegswinkel der Maschine liefern, widersprüchliche Angaben an das MCAS liefern. Beim Absturz der Lion-Air-Maschine soll genau das der Fall gewesen sein. Ermittler gehen davon aus, dass das MCAS die Flugzeugnase deswegen irrtümlich nach unten drückte - während die Piloten verzweifelt versuchten, die Maschine hochzuziehen.

Boeing mit Gewinneinbruch - Jahresziele nach 737-Max-Debakel kassiert

Update vom 24. April: Der US-Luftfahrtriese Boeing hat zu Jahresbeginn deutlich weniger verdient und nach den Abstürzen zweier 737-Max-Maschinen seine Ziele für 2019 gestrichen. Da weiter unklar ist, wann und zu welchen Bedingungen der absatzstärkste Flugzeugtyp wieder abheben darf, soll eine neue Prognose erst zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben werden, teilte der Airbus-Rivale am Mittwoch in Chicago mit. Das Debakel um die 737-Max-Maschinen hinterließ bereits deutliche Spuren in der Bilanz.

Im ersten Quartal brach Boeings Gewinn verglichen mit dem Vorjahreswert um 13 Prozent auf 2,1 Milliarden Dollar (1,9 Mrd Euro) ein. Weil der Hersteller infolge des zweiten Absturzes einer 737-Max-Maschine im März keine neuen Exemplare davon mehr ausliefern darf, fiel der Umsatz um zwei Prozent auf 22,9 Milliarden Dollar. Boeing bezifferte die bisherigen Kosten durch die 737-Max-Probleme auf über eine Milliarde Dollar, machte aber noch keine Angaben dazu, wie stark die künftigen Geschäfte darunter leiden werden.

Boeing-Meldung vom 21. April: Mitarbeiter erheben schwere Vorwürfe gegen bestimmten Flieger 

Charleston - Erneut sieht sich der Flugzeughersteller „Boeing“ heftiger Kritik ausgesetzt. Nachdem in der Vergangenheit bereits zwei Flugzeuge des Typs 737 Max 8 abgestürzt sind und ein drittes Flugzeug in Texas verunglückt ist, haben nun Ex-Mitarbeiter und Angestellte über Sicherheitsmängel bei der Produktion des Flugzeugs „Dreamliner“ berichtet.

Zu diesen Informationen gelangte die amerikanische Tageszeitung New York Times, nachdem sie hunderte von internen E-Mails, Unterlagen des Unternehmens und Akten überprüft hatte. Zudem hat die Zeitung Interviews mit ehemaligen und aktuell angestellten Arbeitern geführt. Dabei entstand das Bild des Unternehmens, dass eine schnelle Produktion oftmals über die Qualität gestellt werde.

Schwere Vorwürfe gegen Boeing: Mitarbeiter zum Schweigen gezwungen?

Die Vorwürfe hinsichtlich der Sicherheitsmängel beim Bau der Flugzeuge betrifft vor allem das Werk in Charleston. Die Fluggesellschaft „Quatar Airways“ hatte wegen derartiger Mängel auch aufgehört, Flugzeuge aus der Fabrik zu akzeptieren. Mitarbeiter werfen Boeing eine fehlerhafte Herstellung vor. Zudem sollen Trümmer und Schutt, die während der Produktion entstehen, einfach liegengelassen werden. Und: Der Flugzeughersteller soll seine Mitarbeiter sogar unter Druck gesetzt haben, dass diese über die Fehler und Mängel schweigen. 

Der Techniker Joseph Clayton sagte gegenüber der Zeitung: „Ich habe meiner Frau gesagt, dass ich niemals damit fliegen würde. Das ist einfach eine Frage der Sicherheit.“ 

Das Logo von Boeing.
Das Logo von Boeing. © AFP / JASON REDMOND

Ehemaliger Manager von Boeing packt aus: „Katastrophal“

Ein ehemaliger Qualitätsmanager namens John Barnett berichtete über Metallsplitter, die gefährlich nahe an den Kabeln für die Flugzeugsteuerung hingen. Wenn die Splitter die Kabel anschneiden oder sogar durchtrennen würden, könnte das „katastrophal“ ausgehen. Als er das Problem gegenüber seinen Chefs ansprach, ignorierten sie den Zustand und versetzten Barnett schließlich in einen anderen Bereich. Der NYT gegenüber bezeichnete sich der Qualitätsmanager selbst und seine Kollegen als „letzte Verteidigungsreihe, bevor ein defektes Flugzeug in die Öffentlichkeit gelangt“. 

Boeing selbst streitet jegliche Vorwürfe der Mitarbeiter ab. Der Chef von Boeings kommerzieller Flieger-Abteilung, Kevin McAllister, sagte gegenüber der New York Times: „Boeing South Carolina produziert den höchsten Grad an Qualität unserer Geschichte. Ich bin stolz auf unser Bekenntnis zur Qualität und stehe voll und ganz hinter der Arbeit, die unsere Mitarbeiter jeden Tag verrichten.“

Zwei Maschinen vom Typ Boeing 737 Max 8 sind abgestürzt - ein drittes Flugzeug ist in Texas verunglückt. US-Präsident Donald Trump empfiehl dem Flugzeughersteller schlichtweg, den Modellnamen der Boeing 737 zu ändern, um über die tragischen Abstürze hinwegzukommen. Dabei müsste es der Multimillionär besser wissen. Denn er versuchte einst, alten Boeing 727 einen neuen Anstrich als Trump Shuttle zu verpassen und erlebte damit eine Bruchlandung

Das größte Flugzeug der Welt hat eine Spannweite von 117 Metern, ist 72,5 Meter lang und ist fast 280 Tonnen schwer. "Stratolaunch" soll künftig Satelliten an den Rand des Weltraums tragen.

nz, mke, dpa, afp

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