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„Das ist ein Skandal“: Merkels GroKo blockiert Schlag gegen Konzern-Steuertricks - Der Grund klingt skurril

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Christine Lambrecht, Peter Altmaier und Olaf Scholz
Drei Minister im Fokus: Christine Lambrecht, Peter Altmaier und Olaf Scholz werden sich offenbar in einer Steuerfrage nicht einig. © Michael Kappeler/dpa

Die EU könnte mit einem simplen Schritt Konzernen Steuertricks erschweren - doch nichts geht voran. Schuld ist offenbar Angela Merkels Bundesregierung.

Berlin - Steuertricks von Amazon, Google und Co. sind in der EU ein altes Wut-Thema. Der „Double Irish with a Dutch Sandwich“ etwa ist ein kurios anmutendes geflügeltes Wort - und eine trickreiche Steuerpraxis, die Google Berichten zufolge jedes Jahr hohe Milliardenbeträge an Steuern in Europa einspart. Legal ist sie allerdings. Erst im Sommer war die EU mit einer Milliarden-Forderung aufgelaufen, wie Merkur.de* berichtete.

Merkels GroKo blockiert Steuermaßnahme - EU könnte Amazon, Google und Co. das Tricksen erschweren

Zumindest einen kleinen Schlag gegen das Business-Dickicht der Riesen wollten einige EU-Parlamentarier und -Staaten nun auf den Weg bringen: „Country by Country Reportings“ - Berichte, die Auskunft über länderübergreifende Konzernstrukturen geben - sollten künftig öffentlich gemacht werden. So wünschen es sich mehrere Europaabgeordnete in einem Brandbrief. Sie erhoffen sich mehr Druck auf die Steuertrickser unter den Konzernen.

Mittlerweile könnte es - unter anderem dank einer Meinungsänderung im schwarz-grün regierten Österreich - sogar eine qualifizierte Mehrheit im Rat geben, wie zuletzt unter anderem das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete. Doch das Thema liegt auf Eis. Offenbar, weil die Bundesregierung das Thema im EU-Rat für Wettbewerbsfähigkeit nicht auf die Agenda setzen will.

Scholz gegen Altmaier? Offenbar schmerzhaftes Steuer-Patt in der Bundesregierung

Das ist durchaus brisant - auch, weil Deutschland „Steuergerechtigkeit“ zu einem Kernthema seiner Ende Dezember endenden Ratspräsidentschaft machen wollte. Auch Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) spricht eigentlich gerne über ähnliche Initiativen. Der Grund für die Blockade ist offenbar eine monatelange interne Pattsituation im Kabinett.

Laut einem Bericht der Wirtschaftswoche sind Scholz‘ Haus und das ebenfalls SPD-geführte Justizministerium für die Neuerung, Peter Altmaiers (CDU) Wirtschaftsministerium ist aber dagegen - womöglich, weil auch deutsche Unternehmen Nachteile durch die Offenlegung der Steuerdaten fürchten. Ein Machtwort der Kanzlerin gibt es augenscheinlich nicht.

„Skandal“ in Merkels Regierung? Linke-Experte sieht „letzte Chance“ verstreichen

Offenbar hat der Linke-Finanzexperte Fabio de Masi bereits im Frühjahr auf eine Anfrage hin die schlichte Antwort erhalten, die Bundesregierung habe sich in dieser Frage noch nicht entschieden. Monate später hieß es aber immer noch, die Bundesregierung „prüfe“ einen entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission: „Die Abstimmung in der Bundesregierung dauert an.“

De Masi erklärte am Donnerstag in einem Tweet, es handle sich um einen „Skandal“. Die Bundesregierung sei als „Ratspräsidentschaft“ gehalten, neutral zu handeln. „Jetzt wäre die letzte Chance, zu beweisen, dass Europa sich mit den Steuertricks von Amazon, Google & Co anlegt!“ Aktuell sieht es nicht aus, als würde sie genutzt werden.

Dabei könnten zusätzliche Steuereinnahmen Deutschland und der EU in den kommenden Jahren gerade recht kommen. In Deutschland reißt die Corona-Krise große Budget-Löcher. Und auch die Europäische Union steht vor gigantischen finanziellen Herausforderungen. (fn)

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