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Spielwarenbranche trifft sich in Nürnberg

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Nürnberg - In Nürnberg trifft sich nächste Woche die weltweite Spielzeugbranche. Die Hersteller hoffen auf gute Umsätze - und die Händler müssen in dem überwältigenden Angebot die künftigen Topseller finden. Denn von zugkräftigen Neuheiten hängt die Hälfte ihres Jahresgeschäfts ab.

Die Händler stöhnen über aggressive Preiskämpfe, die Hersteller beklagen steigende Lohnkosten im Hauptproduktionsland China. Dennoch wächst die deutsche Spielwarenbranche seit Jahren. Auch 2013 dürften die Händler den angestrebten Umsatzzuwachs von drei Prozent auf knapp 2,8 Milliarden Euro geschafft haben.

Für das laufende Jahr zeigt sich Willy Fischel, Geschäftsführer des Bundesverbands des Spielwaren-Einzelhandels (BVS), noch zurückhaltend: „Ein stabiler Inlandsmarkt wäre schon ein Erfolg - die Weichenstellung, ob noch ein Schlag Sahne obendrauf kommt, erfolgt auf der Spielwarenmesse.“ Die weltweit größte Branchenschau findet von diesem Mittwoch (29.01.) an in Nürnberg statt.

Wie immer werden sich in kilometerlangen Regalen Teddys, Puzzles und Brettspiele aneinanderreihen. Auch ferngesteuerte Autos, Konstruktionsspielzeug und Outdoor-Trampoline haben ihren festen Platz in den Messehallen. Dabei ist unübersehbar, dass zunehmend Elektronik verbaut wird - viele Spielsachen blinken, machen Geräusche oder bewegen sich. Nichtsdestotrotz: Die Renner in den Kinderzimmern sind weiterhin die „modernen Klassiker“ wie Lego, Playmobil und Barbie, oftmals aufgehübscht im neuen Gewand.

Ein richtiger Megatrend dürfte auf der Messe diesmal nicht auftauchen, erwarten Experten unisono. Dennoch werden Zehntausende Neuentwicklungen zu sehen sein. Sie sind das Lebenselixier der Branche, die rund die Hälfte ihres Jahresumsatzes mit neuen Produkten macht. Denn jedes zweite Spielzeug hält sich nicht einmal zwei Jahre am Markt, so schnell ist der Durchlauf.

Ein Kraftakt für die Händler, die auch an anderer Stelle zu kämpfen haben. „Betriebswirtschaftlich knirscht es an allen Ecken und Enden, weil die Margen so unter Druck stehen“, erklärt Fischel. Gerade im entscheidenden Weihnachtsgeschäft sei der Wettbewerb zuletzt wieder einmal mit harten Bandagen geführt worden.

Treiber dieser Entwicklung ist nicht nur, aber auch das Internet, wo die Branche inzwischen gut ein Viertel ihrer Umsätze macht. Mit den Preisen großer Versender können stationäre Fachhändler zumeist nicht mithalten - zumal die Kunden häufig noch im Laden per Smartphone die Preise im Netz checken. Die Konsequenz: „In der Tendenz werden Händler zunehmend Sortimente anbieten, die für das Internet weniger interessant sind“, erläutert BVS-Vize Steffen Kahnt.

Bei Spielen für weniger als 20 Euro mache sich kaum jemand die Mühe, online zu bestellen. Aber natürlich dürfen auch die großen und teuren, aber margenschwachen Themenwelten in den Läden nicht fehlen.

Eine weitere Strategie heißt Profilierung. Je nachdem, ob ein Spielzeuggeschäft neben einer Schule, an einem Verkehrsknotenpunkt, in der Stadt oder auf dem Land gelegen ist, bieten sich unterschiedliche Konzepte an. Manche Händler haben ausschließlich Modelleisenbahnen im Angebot, andere bieten ein breites Sortiment an Schreibwaren oder Babyartikeln an. Wieder andere organisieren Spieleabende für Männer oder Häkelwettbewerbe für Teenies.

Die meisten der weltweit verkauften Spielsachen werden noch immer in China produziert, auch wenn der Anteil inzwischen auf circa 65 Prozent gesunken ist. Ein Grund dafür sind die Löhne der Arbeiter, die sich innerhalb von zehn Jahren verdreifacht haben. Andere Länder wie Indien, Vietnam und Indonesien stehen deshalb bereits in den Startlöchern und lassen die ersten Fabriken zertifizieren.

Denn ohne Zertifikat gibt es kaum noch Abnehmer - allzu groß ist zumindest in den Industrieländern der Druck, sichere Spielsachen ohne Schadstoffe anzubieten. Nach einigen Skandalen vor mehreren Jahren hat sich in der Branche viel bewegt. In jüngster Zeit seien keine Vorfälle mehr bekanntgeworden, betont der Geschäftsführer des Deutschen Verbands der Spielwaren-Industrie (DVSI), Ulrich Brobeil.

Die Stiftung Warentest hingegen hatte erst im November bemängelt, dass mehr als die Hälfte von 30 getesteten Holzspielzeugen nur die Schulnoten „ausreichend“ oder „mangelhaft“ erziele. Der DVSI hält entgegen, dass die Kriterien teils willkürlich ausgewählt und schärfer als vom Gesetz gefordert seien.

Mit großem Interesse hat die Branche deshalb den Streit zwischen der Stiftung Warentest und Ritter Sport um eine Aromen-Deklaration verfolgt. Zwar hätten Schadenersatzprozesse gegen die Tester auch in Zukunft so gut wie keine Chance, bilanziert Brobeil. „Im Einzelfall, wenn es um konkrete Formulierungen geht, kann man aber sehr wohl etwas erreichen, wie man bei Ritter Sport sieht.“

dpa

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