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Spitzelaffäre bei VW: Geheime Protokolle enthüllen pikante Details - Auch ein Altkanzler spielt eine Rolle

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Das VW-Logo an einem Werksgebäude. Abhör-Protokolle aus vertraulichen Besprechungen sind in die Öffentlichkeit geraten.
Das VW-Logo an einem Werksgebäude. Abhör-Protokolle aus vertraulichen Besprechungen sind in die Öffentlichkeit geraten. © dpa/Swen Pförtner

Im Streit mit dem Zulieferer Prevent sind Abhörprotokolle aus internen Sitzungen einer VW-Arbeitsgruppe aufgetaucht. Auf zwei Top-Manager von Volkswagen wirft die Spitzelaffäre kein gutes Licht. 

Wolfsburg - Beim Volkswagen-Konzern sind offenbar über einen längeren Zeitraum vertrauliche Sitzungen einer wichtigen Arbeitsgruppe aufgezeichnet worden. Pikante Details aus den Abhörprotokollen sind nun an die Öffentlichkeit gelangt. Bei Volkswagen ist man geschockt und sucht mit Hochdruck den Maulwurf.

Über die Abhörprotokolle hatte zuerst das Portal Business Insider berichtet. Danach soll es insgesamt fast 50 Stunden Audiomitschnitte aus Sitzungen des Projektteams aus den Jahren 2017 und 2018 geben.

Die VW-Arbeitsgruppe mit dem Namen „Projekt 1“ sollte die Strategie in der Auseinandersetzung mit dem Zulieferer Prevent festlegen. Ausgangspunkt des Konflikts war eine Auseinandersetzung um Preiserhöhungen des Zulieferers. Die Wolfsburger hatten dem Prevent deshalb gekündigt.

VW: Heftiger Streit mit Prevent

Prevent hatte VW daraufhin vorgeworfen, seine Marktstellung auszunutzen, um Druck auf Lieferanten auszuüben und die Preise zu drücken. Der Konflikt war im Sommer 2016 eskaliert, nachdem die beiden Prevent-Töchter ES Guss und Car Trim die Lieferung von Getriebegehäusen und Sitzbezügen an VW einstellten und so die Produktion im Wolfsburger Stammwerk sowie in fünf weiteren Werken tagelang lahmlegten. Der dadurch entstandene Schaden habe über hundert Millionen Euro gelegen, erklärte Volkswagen. Der Konzern suchte daher nach alternativen Lieferanten und bereitete die Kündigung intern vor.

2018 kappte Volkswagen schließlich die Verträge mit dem Unternehmen der bosnischen Eigentümerfamilie Hastor komplett. Beide Parteien überzogen sich mit Klagen, die die Gerichte seither auf Trab hält.

Die Arbeitsgruppe „Projekt 1“ war eine Art Task Force, in der „offen über alle Lösungsansätze“ im Umgang mit Prevent diskutiert worden seien, viele „seien aber auch verworfen worden“,  erklärte VW am Wochenende. Das Team habe die Aufgabe gehabt, „weiteren Schaden vom Unternehmen, seinen Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten abzuwenden“. Entscheidungen seien dort aber nicht getroffen worden, betonte der Konzern.

VW: Abhörprotokolle liefern ungewöhnlich tiefe Einblicke

Die Gesprächsprotokolle liefern ungewöhnlich tiefe Einblicke in die Überlegungen rund um die Auseinandersetzung mit Prevent. Danach sollen die Wolfsburger etwa diskutiert haben, wie die Übernahme des Zulieferers Grammer durch Prevent verhindert werden könnte, berichtet Business Insider. In diesem Zusammenhang soll es auch Gespräche mit BMW* und Daimler gegeben haben.

Volkswagen bestreitet, dass man sich mit den Wettbewerbern abgestimmt habe. Rechtlich wäre ein solches Vorgehen auch äußerst heikel. Am Ende scheiterten die Übernahme-Versuche von Hastor am Widerstand des Grammer-Managements.

VW-Spitzelaffäre: Pikante Details um Altkanzler Gerhard Schröder

Die Abhörprotokolle offenbaren auch zahlreiche pikante Details. So soll in einer Sitzung etwa darüber diskutiert worden sein, dass Altkanzler Gerhard Schröder sich in der Auseinandersetzung für Volkswagen ins Zeug legen wolle, schreibt Business Insider. Eine Managerin habe daraufhin vorgeschlagen, dass Schröder seine hervorragenden Kontakte in den Kreml dazu nutzen könne, Prevent in Russland den Geldhahn abzudrehen.

Die VW-Leaks könnten möglicherweise auch für einige der höchsten VW-Würdenträger unangenehm werden. Leiter der Task-Force war Ralf Brandstätter, inzwischen Chef der Kernmarke VW. Als Brandstätter noch an der Spitze der Task-Force stand, berichtete er laut Business Insider regelmäßig an Konzern-Chef Herbert Diess.*

VW: Suche nach dem Maulwurf läuft auf Hochtouren

Kein Wunder, dass bei Volkswagen nun die Suche nach dem Maulwurf anrollt. Dass interne und vertrauliche Sitzungen dokumentiert würden und „solche Informationen unberechtigt an die Öffentlichkeit gelangen, schockiert uns das zutiefst“, erklärte ein Sprecher. Der Fall werde „selbstverständlich untersucht“, heißt es aus Wolfsburg. Ein Sprecher von Prevent sagte, das Unternehmen habe keine Kenntnis von den Aufnahmen gehabt. Volkswagen hat derzeit viele Baustellen. Der Konzern steckt mitten im Umbau zur E-Mobilität. Neben der Spitzelaffäre kämpft der Konzern weiter mit den Auswirkungen der Dieselaffäre, dazu hinterlässt die Corona-Pandemie tiefe Spuren im Zahlenwerk. *Merkur.de ist Teil des Ippen Digital Netzwerks.

Volkswagen steckt mitten im Umbau zur E-Mobiltät. Jetzt nimmt Konzern-Chef Herbert Diess die eigenen Führungskräfte in die Pflicht.

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