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Steuerflucht großer Konzerne: Nach jahrelangen Debatten bahnt sich „Durchbruch“ an

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Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) beim Treffen der Euro-Finanzminister in Lissabon
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) beim Treffen der Euro-Finanzminister in Lissabon. © Armando Franca/AP/dpa

Die Zeichen für eine globale Steuerreform stehen gut. Deutschland gehört zu den Treibern einer Mindeststeuer, die Manipulation auf den Finanzmärkten künftig verhindern soll.

Lissabon - Hat die perfide Steuerflucht zahlreicher großer Unternehmen bald ein Ende? Beim Treffen der europäischen Finanzminister in Portugal wurde über die geplante einheitliche globale Mindeststeuer diskutiert. Das Resultat erzeugt Hoffnung auf ein baldiges Ende von Strategien zur Steuervermeidung, die international tätige Konzerne anwenden, um Geld zu sparen.

So würde es sich Stand jetzt um einen weltweit gültigen Steuersatz in Höhe von 15 Prozent handeln. Bundesfinanzminister Olaf Scholz* bezeichnete die Annäherungen als „Durchbruch“ und ist guter Dinge, was eine baldige Einigung nährt. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire bezeichnete die Gespräche als „guten Kompromiss“ und fordert eine Übereinkunft spätestens beim G20-Treffen am 9. und 10. Juli in Italien.

Globale Mindeststeuer: Neuer Schwung dank Regierungswechsel in den USA

Speziell Deutschland und Frankreich gehören schon seit Jahren zu den Verfechtern einer internationalen Lösung, die für gerechtere Verhältnisse auf den Finanzmärkten sorgen sollen. Interessanterweise ist die neue US-Regierung unter Präsident Joe Biden ebenfalls der Ansicht, dass ein weltweit gültiger Mindeststeuersatz Anwendung finden sollte. Das wurde am Tag zuvor bei Verhandlungen der internationalen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) deutlich.

Das US-Finanzministerium peilt nach der Ära Donald Trump* sogar eine höhere Besteuerung an. Dass aus Sicht der USA „jetzt auf internationaler Ebene losdiskutiert werden soll bei 15 Prozent“, sei jedoch ein „großer Fortschritt“, urteilte Sozialdemokrat Scholz am Rande des Treffens der Euro-Finanzminister in Lissabon. Das mache es „realistisch“, dass ein „ambitionierter“ Satz vereinbart werden könne. Die 15 Prozent seien „eine Untergrenze und die Diskussionen sollten fortgesetzt werden, um ehrgeizig zu sein und den Steuersatz zu erhöhen“, hieß es weiter.

Der Satz wäre niedriger als die derzeitige Besteuerung in den meisten europäischen Ländern. In Deutschland liegt sie bei knapp 30 Prozent. Nicht alle Länder sind einer global einheitlichen Mindeststeuer für Unternehmen wohlgesonnen. Länder wie beispielsweise Irland und Luxemburg profitieren davon, dass sie durch großzügige Auslegungen multinationalen Konzernen viel Geld erlassen.

Pierre Gramegna, Finanzminister von Luxemburg, bezeichnete die Diskussion als „weiter offen“. Er zeigte sich aber gesprächsbereit und erklärte, dass ein gemeinsames Niveau das Leben „für alle einfacher“ mache. Schon seit geraumer Zeit setzen sich die wichtigsten Industrienationen der Erde mit einer Mindeststeuer für Großkonzerne auseinander. Amazon zum Beispiel zahlt in der EU keinen Cent Steuern*. Schon seit Jahren steht das Thema auf der Agenda, scheiterte jedoch auch an der Trump-Regierung.

Globale Mindeststeuer: Internetkonzerne wie Google, Amazon und Co. im Visier

Das Hauptproblem: Zahlreiche Regionen der Erde haben zu wenig Steuereinnahmen, obwohl dort beträchtliche Gewinne erwirtschaftet werden. Ein wesentlicher Knackpunkt der sich anbahnenden Mindeststeuer ist in diesem Hinblick das digitale Zeitalter. Unmut erzeugt die Tatsache, dass vor allem Internetkonzerne zu wenig Abgaben in von ihnen bedienten Märkten zahlen. Speziell US-amerikanische Giganten wie Google, Amazon, Apple oder Microsoft stehen deswegen in der Kritik.

So geht es in den OECD-Verhandlungen auch um die Kernfrage, ob Unternehmen erwirtschaftete Gewinne in jedem Land versteuern müssen, in dem sie erzielt werden - unabhängig vom Hauptsitz. Auswirkungen könnte dies jedoch auf andere Sparten haben: Es wird erwartet, dass Washington dann auch andere Wirtschaftszweige und global erfolgreiche Unternehmen wie Deutschlands Autohersteller miteinbeziehen möchte. (PF mit dpa/AFP) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

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