Frank Baumann, Sportchef von Werder Bremen, gehört zu den Managern in der Branche, die bei Neuverpflichtungen gerne früh dran sind, um der Konkurrenz ein Schnippchen zu schlagen. Doch in der Coronavirus-Krise ist alles anders – und auf dem Transfermarkt vor allem eines gefragt: Geduld.
Das gilt auch für die Spieler des SV Werder Bremen mit auslaufenden Verträgen. Baumann beschreibt, wie schwierig es gerade ist, die Zukunft zu planen und womit er auf dem Transfermarkt demnächst rechnet.
„Wir befinden uns in einer Situation, die die Welt noch nicht erlebt hat, da müssen wir uns umstellen und lieb gewonnene Gewohnheiten in den nächsten Wochen und Monaten hintanstellen“, sagt Frank Baumann. Er rechnet nicht damit, dass im April wieder Fußball gespielt wird. Vielleicht im Mai, möglicherweise erst im Juni – oder sogar noch später. Dabei denkt er auch nur an Geisterspiele – also Partien ohne Zuschauer. Denn die Gesundheit der Menschen stehe über allem.
„Trotzdem müssen wir versuchen, den Betrieb bei Werder Bremen aufrecht zu erhalten“, sagt Baumann. Deshalb arbeitet der Sportchef nicht nur an der Gegenwart, sondern auch an der Zukunft – und hat dabei auch die Mannschaft im Blick. „Die Kaderplanung liegt jetzt nicht komplett auf Eis“, betont der Sportchef. Die Scouts würden von zuhause aus arbeiten, sich mit Videos und erfassten Daten über mögliche Neuzugänge informieren. Es gibt auch weiterhin Kontakt zu den Beratern, so Baumann: „Wir sind im Austausch. Aber der eine oder andere hält sich aktuell auch zurück, weil wir Clubs uns mit anderen Dingen beschäftigen müssen.“
Das große Problem, so Baumann: „Wir wissen noch nicht, welche finanziellen Möglichkeiten wir für die Zukunft haben, welche Auswirkungen die Corona-Krise tatsächlich auf den Transfermarkt hat. Man muss aber kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass sich die Gehälter und die Ablösesummen der Spieler reduzieren werden.“
Ob das nun gut oder schlecht für Werder Bremen ist, lässt sich schwierig beurteilen. Da wäre zum Beispiel der Fall Milot Rashica: Eine Idee war es, den umworbenen Stürmer im Sommer für viel Geld zu verkaufen, um damit zum Beispiel die Kaufverpflichtungen für Ömer Toprak und Leonardo Bittencourt zu finanzieren und sich Spielraum für weitere Transfers zu schaffen. Aber ist nun noch ein Club in der Lage die erhofften über 30 Millionen Euro Ablöse für Rashica zu bezahlen? „Gute Spieler haben immer einen Markt“, sagt Baumann.
Und andersherum: Bei künftigen Transfers könnte Werder selbst von niedrigeren Ablösen profitieren. Falls Spielerkäufe in der angespannten Situation überhaupt eine Option sind. Alles hängt natürlich davon ab, ob die Saison beendet wird, Werder die Klasse hält oder nicht. Bei einem Abstieg würden die Karten ohnehin ganz neu gemischt, weil dann die Kaufverpflichtungen nicht mehr gelten würden. Dann dürften auch einige Leistungsträger das Weite suchen, weil sie erstklassig bleiben wollen.
Bei anderen Spielern deutet schon jetzt vieles auf eine Trennung hin: Nuri Sahin, Sebastian Langkamp und Fin Bartels. Deren Verträge laufen am 30. Juni aus. „Die Spieler müssen sich leider gedulden, bis wir in die Gespräche gehen können“, sagt Baumann. Wenn überhaupt dürften den drei Spielern nur Angebote mit erheblichen Gehaltseinbußen vorgelegt werden, sie könnten die ersten Profis sein, die vertraglich die Auswirkungen der Coronavirus-Krise zu spüren bekommen. Immerhin: Sahin, Bartels und Langkamp sind allesamt schon über 30 Jahre alt, also lange genug im Geschäft, um finanziell abgesichert zu sein. Für jüngere Spieler ist die Situation eine andere.
Felix Agu hatte da Glück. Der 20-Jährige machte seinen Wechsel vom Zweitligisten VfL Osnabrück zum SV Werder Bremen schon Anfang des Jahres perfekt – und dürfte noch einen „alten“ Vertrag bekommen haben. Und wer weiß, vielleicht hat Baumann auch schon weitere Spieler dingfest gemacht und es bislang noch geheim gehalten. Zuzutrauen wäre es ihm in jedem Fall. (kni)